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„Ich bin nicht das letzte Mal hier gewesen“: Berlins Bildungssenatorin verspricht Bergius-Schule Hilfe
In einem Brandbrief beklagt die Friedenauer Bergius-Schule Gewalt, Bedrohungen und Mobbing durch Schüler. Bildungssenatorin Günther-Wünsch kündigt Unterstützung an.
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Nach dem Brandbrief der Friedrich-Bergius-Schule wegen Gewalt, Bedrohungen und Mobbing hat Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) Gegenmaßnahmen angekündigt. So soll etwa ein Pförtner, vielleicht sogar auch ein Wachschutz an der Schule eingesetzt werden, sagte Günther-Wünsch bei einem Besuch der Schule in Berlin-Friedenau am Montag.
Man werde auch prüfen, inwieweit sich bereits vorhandene Fördergramme an der Schule umsetzen ließen, damit Schüler und Schülerinnen ihre Leistungen verbessern könnten. Hinsichtlich des Personals werde man schauen, wie man „vorübergehend, temporär“ Unterstützung anbieten könne. Günther-Wünsch sprach von einem „konstruktiven Gespräch“ mit Lehrern, der Schulleitung, der Schulaufsicht sowie Eltern- und Schülervertretern.
Die Senatorin versprach, an dem Thema dranzubleiben. „Ich bin nicht das letzte Mal hier gewesen, sondern werde mich auch weiterhin erkundigen“, sagte Günther-Wünsch.
Verwaltung erfuhr durch den Tagesspiegel von den Problemen
Hinsichtlich möglicher Förderprogramme sagte ein Sprecher der Schulverwaltung am Nachmittag, die Prüfung sei ergebnisoffen. Die Schulaufsicht werde untersuchen, welche Bundes- und Landesprogramme der Schule helfen könnten.
Gesamtelternvertreter Andreas Thewalt teilte nach dem Treffen an der Schule mit, er habe das Gespräch mit der Senatorin und den weiteren Beteiligten als „offen, kontrovers, aber auch als konstruktiv“ empfunden. „Ich hatte das Gefühl, dass ein Prozess eingeleitet wird.“ Er werde aber weiter beobachten, ob gemachte Versprechungen auch eingehalten würden. Elternschaft, Schülersprecher und Politik wolle er in den kommenden Monaten einladen, damit auch auf dieser Ebene ein konstruktiver Austausch stattfinden könne.
Vor dem Treffen hatte Thewalt erklärt, er erhoffe sich mehr als warme Worte, sondern konkrete Maßnahmen. Das Kollegium bezeichnete er als mutigstes Kollegium Berlins. „Gut, dass sie den Mut haben, das zu machen. Die Eltern wollen endlich wissen, wie es weitergeht“, sagte Thewalt.

© Saara von Alten
Aus der Bildungsverwaltung hieß es, man habe erst durch einen Tagesspiegel-Bericht von der Situation an der Schule erfahren – ein indirekter Vorwurf gegen die Schulaufsicht, die die Spitze der Senatsverwaltung über die Probleme hätte informieren müssen. Der Tagesspiegel hatte den siebenseitigen Brandbrief der Schule, den diese am 15. November an die Schulaufsicht geschickt hatte, öffentlich gemacht.
Täglich Gewalt und Bedrohungen durch Schüler
In dem Brief berichtet das Kollegium von täglicher Gewalt und Bedrohung durch Schüler. Es vergehe „kein Tag ohne verbale Beleidigungen und Bedrohungen von Lehrkräften durch SchülerInnen“. Jede dritte bis vierte Lehrkraft sei krankgeschrieben, heißt es darin.
Thematisiert wird zudem massives Mobbing unter der Schülerschaft. Es bestehe größte Angst der Schülerinnen und Schüler, „in kompromittierenden Situationen“ von Schulkamerad:innen fotografiert oder gefilmt zu werden. Das Kollegium sei „zu 65 Prozent mit bürokratischer Erziehung beschäftigt und nur zu 35 Prozent mit faktenorientiertem Unterricht“. Häufig müsse die Polizei gerufen werden.
Nach Tagesspiegel-Informationen gibt es schon lange Probleme an der Schule, seit Monaten habe man versucht, beim Bezirk und der Schulaufsicht Verbesserungen zu erreichen. Weil das nicht erfolgreich war, hatte man sich vergangene Woche dazu entschieden, an die Öffentlichkeit zu gehen – kurz bevor die Schulinspektion die Schule besuchen würde.
Die Friedrich-Bergius-Schule im Bezirk Tempelhof-Schöneberg ist eine Integrierte Sekundarschule ohne gymnasiale Oberstufe und wird von rund 400 Schülerinnen und Schülern besucht. Über 80 Prozent von ihnen sprechen zu Hause vorwiegend eine andere Sprache als Deutsch.
Brandbriefe von Eltern- oder Lehrerschaft hat es in Berlin immer wieder gegeben. Doch die Vorfälle an der Bergius-Schule scheinen eine ähnliche Dimension erreicht zu haben wie der berüchtigte Rütli-Skandal aus dem Jahr 2006. Damals wandte sich ein Kollegium aus Neukölln mit einem Hilferuf an die Medien.
Die frühere Schulleiterin der Gemeinschaftsschule Campus Rütli, Cordula Heckmann, verglich in einem Tagesspiegel-Interview die damalige Situation mit der heutigen: „Ich finde, die Schilderungen aus dem Brandbrief der Bergius-Schule klingen schon sehr nach Rütli“, sagte sie. Auch damals habe sich eine Dynamik entwickelt, bei der das Kollegium sich ohnmächtig gefühlt habe und die Lehrer und Lehrerinnen das Gefühl gehabt hätten, ihnen stünden gar keine Mittel mehr zur Verfügung.
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