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Berlin: Immer dabei

Berlins dienstältester Bezirkspolitiker wird geehrt Werner Platzeck ist seit 40 Jahren BVV-Mitglied

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Mehr als die Hälfte seines Lebens ist er nun in der Zehlendorfer Kommunalpolitik verankert, und seine Stimme hat Gewicht. Kaum jemand hält es vier Jahrzehnte in einer Bezirksverordnetenversammlung aus, aber für Werner Platzeck (76) ist noch lange nicht Schluss, Ehrensache. Die Wahlperiode dauert schließlich bis 2011. Streng genommen bringt er es bisher nur auf 37 Jahre als Bezirksverordneter der CDU, denn von Ende 1971 bis März 1975 gehörte er dem Abgeordnetenhaus an. Egal, in der BVV-Sitzung am heutigen Mittwoch ehrt ihn der BVV-Vorsteher René Roegner-Franke für seine Verdienste, und am Abend ehrt ihn seine Partei mit einen Empfang. Das Bundesverdienstkreuz hat er längst.

Werner Platzeck, gebürtiger Schlesier, ist Zehlendorfer politisches Urgestein. Er war von 1978 bis 2001 Fraktionschef in der BVV, danach drei Jahre BVV-Vorsteher. 20 Jahre leitete er bis 2006 den Haushaltsausschuss, im Fraktionsvorstand ist er weiterhin aktiv, der „Mister Zehlendorf“ der CDU. Nichts ist ihm zu viel, er kennt sich aus, er war und ist überall mit Rat und Tat dabei, ein treuer Parteisoldat und Mehrheitsbeschaffer. Er weiß, was wann und warum beschlossen oder nicht beschlossen wurde. Er ist das kommunale Gedächtnis der CDU, „einfach unverzichtbar“, wie der CDU-Kreisvorsitzende sagt, der Abgeordnete Michael Braun. Platzecks Haar ist weiß, seine Stimme leiser und brüchig geworden, aber flott trägt er Jeans und Bürstenhaarschnitt.

Als Platzeck 1967 in die BVV Zehlendorf gewählt wurde, war von Eberhard Diepgen und Klaus Landowsky noch keine Rede. Selbst der wortgewaltige Zehlendorfer Heinrich Lummer stieg erst zwei Jahre später zum CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus auf. Heinrich Albertz (SPD) war Regierender Bürgermeister, Willy Brandts Entspannungspolitik zeichnete sich erst ab, die Außerparlamentarische Opposition, kurz APO, begann sich zu formieren; beruflich hat Platzeck die Studentenrevolte von innen erlebt, als Referatsleiter in der Haushaltsabteilung der Freien Universität, der er bis 1995 war. Diese Zeit war gewiss nicht nach dem Geschmack der CDU, habe aber die Arbeit der BVV nicht belastet, sagt er. Kein Wunder in der CDU-Hochburg Zehlendorf.

Wenn er die vier Jahrzehnte als Kommunalpolitiker Revue passieren lässt, findet er: „Man hat doch einiges bewegt.“ Zwei große Schlachten hat er siegreich schlagen helfen. Zum einen wurde der Autotunnel im Zuge der Berliner und Potsdamer Straße in Zehlendorf Mitte verhindert. Anfangs sei die CDU für den Senatsplan gewesen, aber dann hagelte es Proteste, die Wählergemeinschaft Unabhängiger Bürger (WUB) wurde der Union gefährlich (sie zog 1975 erstmals in die BVV ein), da stellte sich die CDU an die Spitze der Proteste: „Wir sagten uns, na gut, das ist der Wählerwille, dem muss man nachgeben.“ Heute sinniert er beim Anblick der ewig verstopften Kreuzung: „Seit der Wiedervereinigung weiß man nicht, ob der Tunnel nicht ganz gut gewesen wäre.“ Der andere große Kampf galt der Rettung der Dahlemer Felder. Ein Riesensportzentrum der FU war dort vorgesehen, wieder stellte sich die CDU an die Spitze der Proteste. Platzeck lächelt vergnügt: „Wir haben ein Schlachtschiff in den Dahlemer Feldern versenkt.“

Die Bezirksgebietsreform brachte mehr Selbstständigkeit der Bezirke mit sich. Er findet das gut im Sinne der Bürgernähe. Andererseits grollt er dem Senat, dass es mit dem Bürokratieabbau nicht weit her sei. Der Spielraum der Bezirke sei sogar enger geworden. Wie bitte? Ach, das liebe Geld. Zur Illustration nennt er wieder ein Beispiel: „1985 verfügten Steglitz und Zehlendorf zusammengenommen über 25 Millionen Mark (oder gut 12,5 Millionen Euro) für bauliche Unterhaltung, jetzt sind es noch vier Millionen Euro.“ Ja früher – früher war alles anders, einfacher, disziplinierter, jedenfalls in der Erinnerung. Doch langweilig wird ihm die Aufgabe nie. Er hat gar keine Zeit, über seinen Abschied irgendwann nachzudenken.

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