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Berlin: Ist die Einkaufpassage nicht mehr zeitgemäß? Der Wegzug des Herrenausstatters Erdmann ist kein gutes Zeichen

Die Meinungen über das Europa-Center gehen weit auseinander: Während "Erdmann-Moden" schließt und Geschäftsführer Michael Siebert meint, es sei "fünf vor zwölf" für das Einkaufszentrum, sieht Christian Pepper von der Betreibergesellschaft "keine größeren Probleme". Tatsache ist, dass die Erdmann-Filiale gestern mit dem einmonatigen Räumungsverkauf begann.

Die Meinungen über das Europa-Center gehen weit auseinander: Während "Erdmann-Moden" schließt und Geschäftsführer Michael Siebert meint, es sei "fünf vor zwölf" für das Einkaufszentrum, sieht Christian Pepper von der Betreibergesellschaft "keine größeren Probleme". Tatsache ist, dass die Erdmann-Filiale gestern mit dem einmonatigen Räumungsverkauf begann. Ob der Herrenausstatter in Berlin präsent bleibt, ist noch offen. Laut Siebert erwägt das Unternehmen aus Hannover, sich einen neuen Standort am Kurfürstendamm zu suchen. "Für andere Branchen sind unsere Räume sicher ein hervorragender Standort", meint Siebert, doch hochwertige Herrenmode habe sich immer schlechter verkaufen lassen. Schließlich herrsche, abgesehen vom KaDeWe und Peek & Cloppenburg, auf der Tauentzienstraße ein Billigsortiment vor. Die Miete sei nicht übermäßig hoch gewesen, habe sich für die 2400 Quadratmeter auf zwei Etagen dennoch auf eine stattliche Höhe summiert. Laut Center-Management wird mit drei Interessenten für die Räume verhandelt.

Bei Erdmann fallen 42 Stellen weg; Siebert ist in Gesprächen mit Händlern aus der Umgebung und nimmt an, "dass wir einen Großteil unserer langjährigen Mitarbeiter andernorts unterbringen können".

Das 35 Jahre alte Center ist, wie auch die Betreiber zugeben, modernisierungsbedürftig. Seit Jahren wird es nach und nach renoviert. Innen verlegt man derzeit hellere Fußbodenplatten, während am Flachbau die Fassadensanierung zu Ende geht und die ersten Gerüste abgebaut werden. Im Frühjahr 2000 soll das 22-stöckige Hochhaus ein Jahr lang umgebaut werden. Damit begründet der Vorsitzende der Werbegemeinschaft Europa-Center, der Fotohändler Peter Huber, auch den Leerstand einiger Etagen. Für ihn ist das Europa-Center ungebrochen attraktiv: "Ich habe mein Geschäft seit 16 Jahren und bin sehr zufrieden".

Viele Händler sind ganz anderer Meinung. Hazmi Sahin, die mit ihrem Mann im April das Modegeschäft "St. Germain" übernahm, bedauert den Auszug von Erdmann besonders: Im Modebereich "sind wir jetzt die einzigen mit Hochwertigem". In den vergangenen Wochen habe man - auch wegen der hohen Miete - rote Zahlen geschrieben. "Ohne die Touristen würden wir ganz blöd dastehen." Das Center brauche neue Geschäfte mit anspruchsvollem Sortiment.

Besonders frustriert sind Händler im ersten Stock: "Hier gibt es doch praktisch keine Laufkundschaft", sagt Verkäuferin Karin Vetter aus der "Krawattenschmiede". Auch sie beklagt, dass fast nur noch Billigwaren gefragt seien. Vor einem Monat zog das Videogeschäft "M sucht nach Film" aus der oberen Etage aus, gestern feierte es die Neueröffnung in der Kantstraße. "Der erste Stock ist tot", urteilt Betreiberin Ute Hillner. Jetzt zahle man für 180 Quadratmeter "viel weniger" als für 72 im Europa-Center.

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