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Justizminister folgen Berlins Vorschlag : Härterer Kampf gegen die Autovermieter der Clans und Banden
Wer Autos vermieten will, soll von den Behörden stärker durchleuchtet werden. Berlins Justizsenatorin legt für den Kampf gegen das Geschäft mit Fluchtwagen, Kokstaxis, Autorennen und Protzfahrten einen Plan vor.
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Erfolg für Berlin im Kampf gegen die organisierte Kriminalität bei der Justizministerkonferenz in Leipzig: Am Freitag hat das Gremium auf Vorschlag von Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) ein härteres Vorgehen im Bereich der Autovermieter beschlossen. Wer Autos vermieten will, soll künftig durchleuchtet, der Markt für gewerbliche Autovermieter stärker reguliert werden.
Grund für den Antrag Berlins sind Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden, dass immer mehr Autovermieter direkt und indirekt Verbindungen zur Organisierten Kriminalität aufweisen. Auch Clanangehörige fallen immer wieder damit auf, dass sie gezielt Autovermietungen betrieben, um die Fahrzeuge für schwere Straftaten zu benutzen.
Dazu zählen Geldautomatensprengungen, Raubüberfälle auf Geldtransporter, Blitzeinbrüche, Drogenkuriere, das Einschleusen von Ausländern, aber auch illegale Autorennen, die teils mit schweren Unfällen enden. Regelmäßig fallen Ermittlern Clan-Sprösslinge auf, die eigentlich Sozialleistungen bekommen und sich trotzdem Luxuswagen ausleihen – etwa für Protzfahrten. Nach Erkenntnissen der Polizei werden einige Unternehmen inzwischen als systemrelevant für das Milieu eingestuft.
Das Landeskriminalamt (LKA) stellte bei einer Sonderauswertung fest, dass von den 2000 Berliner Autovermietungen mit rund 60.000 Fahrzeugen rund 60 Firmen mit ihren rund 2200 Autos Verbindungen zur Clankriminalität haben. Vor zwei Jahren waren es 40 verdächtige Vermieter.
Ohne präventive Überprüfung der Anbieter können auch kriminelle Akteure Fahrzeuge bereitstellen.
Felor Badenberg (CDU), Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz
Doch bislang fehlt den Behörden das nötige Werkzeug, um kriminelle Geschäfte bei der Autovermietung bereits von Beginn an im Keim zu ersticken. „Ein zentrales Problem ist, dass der Zugang zum Mietwagenmarkt nach wie vor weitgehend unreguliert bleibt“, sagte Justizsenatorin Badenberg dem Tagesspiegel. „Ohne präventive Überprüfung der Anbieter können auch kriminelle Akteure Fahrzeuge bereitstellen.“
Rechtliche Vorgaben, dass Autovermieter ihr Geschäft von den Behörden genehmigen lassen müssen, fehlen. Bislang reicht es, die Vermietung anzumelden. Es gibt keine Zuverlässigkeitsprüfung. Auch sind Vermieter nicht wie Banken oder Versicherer verpflichtet, Hinweise auf Geldwäsche zu melden oder ihre Geschäfte umfassend zu dokumentieren. Einige Vermieter verschleiern daher ihre Strukturen bis ins Ausland. Auch Leasingfirmen, die Verträge mit Vermietern machen, erleiden dadurch Verluste.
Niederländische Banden weichen auf deutsche Anbieter aus
„Deshalb ist eine Erlaubnispflicht für Autovermietungen dringend notwendig, um sicherzustellen, dass nur zuverlässige Anbieter tätig werden“, sagte Badenberg. „So verhindern wir, dass Mietfahrzeuge weiterhin für kriminelle Zwecke missbraucht werden und erschweren den Zugang zu den Mitteln der Organisierten Kriminalität.“

© dpa/Sebastian Gollnow
Die Justizminister der Länder drängen darauf, dass eine gewerberechtliche Erlaubnispflicht für Autovermietungen eingeführt wird. Mit den bisherigen Mitteln, wie einem Gewerbeverbot, sei das Problem nicht mehr in den Griff zu bekommen, hieß es. Denn inzwischen greifen wegen der laxen Regeln in Deutschland sogar niederländische Banden, von Automatensprengern bis zur bewaffneten Drogenmafia, wegen der strengeren Vorgaben im Nachbarland auf deutsche Mietwagen zurück.
Die Justizminister wollen, dass bei fehlender Zuverlässigkeit und ohne Nachweis des Versicherungsschutzes derlei Vermieter gar nicht erst zugelassen werden. Wer bereits wegen Straftaten verurteilt wurde, soll kein Auto vermieten dürfen. Abfragen zu Straftaten, beim Gewerbezentralregister und beim LKA sollen zum Standard werden.
Autovermieter als Dienstleister für Banden
Die Ermittler haben bislang große Probleme in dem Bereich. Sie gehen davon aus, dass dubiose Vermieter genau wissen, dass ihre Autos für Straftaten genutzt werden. Die Ermittler sprechen vom Phänomen „Crime as a service“ – also Kriminalitätsdienstleistung.
Einige Autovermieter haben Ermittlern zufolge teils einzig die Aufgabe, ihre Dienste Kriminellen anzubieten oder allein zum Zweck der Geldwäsche. Weit verzweigte Strukturen führen häufig dazu, dass Ermittler nicht feststellen können, wer einen Mietwagen, der als Fluchtauto genutzt wird, gefahren hat.
Beute aus Straftaten fließt in Autovermietungen
Oft setzen Kriminelle für ihre Firmen Strohmänner als Geschäftsführer ein, nicht selten mittellose Personen aus dem Ausland, um Eigentumsverhältnisse zu verschleiern. Häufig werden auch Firmennamen gewechselt, Scheinadressen genutzt und Betriebsstätten erfunden.
Hinzu kommen mehr Betrugsstraftaten. Vermieter versichern ihre Autos als Privat- und nicht als Mietwagen und sparen so bei den Kosten für die Versicherer. Die Firmen werden teils auch für Geldwäsche genutzt. Mit Beute aus Straftaten und Erlösen aus kriminellen Geschäften werden teurer geleast und ebenfalls mit schmutzigem Geld angemietet.
Das Berliner LKA hat trotz der Ermittlungsprobleme beim Einschreiten gegen die Geschäfte solcher Vermieter deutschlandweit eine Vorreiterrolle. Derzeit läuft unter Führung des Berliner LKA nun für zwei Jahre ein europaweites Projekt namens „Rent“.
Mit dabei sind die europäische Polizeibehörde Europol, die Niederlande, Italien und Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Bayern und Niedersachsen, aber auch die Versicherungswirtschaft. Eine Million Euro fließen dafür von der Europäischen Union.
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