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Das Kammergericht in Berlin ist nur nach strenger Kontrolle zu betreten.

© Jörn Hasselmann

Exklusiv

Zwölf Attacken auf Richter und Staatsanwälte: In Berlins Gerichten gab es 195 „sicherheitsrelevante Vorkommnisse“ seit 2018

Die Justiz führt neuerdings eine Statistik über gewalttätige Zwischenfälle in den Gerichtsgebäuden. Der Senator gibt nun Auskunft - aber beantwortet nicht alles.

In den vergangenen zweieinhalb Jahren meldeten die Mitarbeiter von Gerichten und Staatsanwaltschaften 195 sicherheitsrelevante Vorfälle. "Zwölf der gemeldeten Vorfälle betrafen Richterinnen und Richter oder Staatsanwältinnen und Staatsanwälte", heißt es in einer bislang unveröffentlichten Antwort der Justizverwaltung auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Marc Vallendar.

Dieser hatte die Justiz gefragt, "wie viele Gewalttaten, Drohungen oder Einschüchterungsversuche gegen Richter und Staatsanwälte" es gab und auch wie viele davon Bezüge "zur organisierten Kriminalität, Clan-Kriminalität, zur islamistischen oder linksextremen Szene" aufwiesen.

Diese Frage beantworte die Justizverwaltung nicht. Überhaupt erfolge eine "statistische Erfassung der sicherheitsrelevanten Vorkommnisse an Gerichten" erst seit Oktober 2018. Beantwortet wurden die Fragen nicht von Justizsenator Dirk Behrendt, sondern von Staatssekretärin Daniela Brückner. 

Dem Abgeordneten Marc Vallendar reicht das nicht. "Senator Behrendt lässt auf seinem ideologischen Linkskurs sogar seine eigene Justizverwaltung im Stich. Richter und Staatsanwälte sind in Berlin nicht mehr sicher." Vallendar bezog sich auf mehrere Vorfälle, in die Mitglieder arabischer Clans verwickelt waren.  So war im Sommer 2019 der Chef des Remmo-Clans im Prozess gegen seinen Sohn brüllend im Gerichtssaal auf den Staatsanwalt zugelaufen.  Mehrere Justizangestellte mussten den Tobenden festhalten, juristische Konsequenzen hatte dies nicht für ihn.

Ein Sicherheitskonzept für Berlins Gerichte gibt es noch gar nicht so lange

Nach Angaben der Justiz sei erst im Mai 2017 entschieden worden, "für die Sicherheit in den Dienstgebäuden eine umfassende Sicherheitskonzeption" zu erarbeiten. Damals war auch begonnen worden, Wachtmeister mit Schutzwesten auszustatten. Derzeit werde die "Sicherheitsinfrastruktur" mit 19 Millionen Euro aus dem Berliner Investitionsfonds "Siwana" verstärkt, heißt es in der Antwort.  Zuvor seien die Sicherheitsrisiken, dies räumt die Justiz offen ein, nur "dezentral und lediglich punktuell mit einzelnen Maßnahmen verringert" worden. 

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Vallendar sagte: "Der Rechtsstaat ist ernsthaft durch die Verrohung der Gesellschaft bedroht. Die Justiz muss endlich aus der Kuschelecke kommen." Die Vorfälle der letzten Zeit hätten "eine neue Qualität, die vor ein paar Jahren noch undenkbar war". 

Die Justiz betonte, dass es im Einzelfall möglich sei, Personen lediglich unter Begleitung von Wachtmeistern in ein Dienstgebäude zu lassen. "Soweit erforderlich gibt auch das Landeskriminalamt (LKA) Gefährdungseinschätzungen ab und ergreift weitere Maßnahmen." Zudem gebe es Schulungen über den Umgang mit Reichsbürgern sowie zu den Themen „Die konfliktträchtige Hauptverhandlung“ und „Umgang mit schwierigem Publikum“.

2005 raubte eine Bande 100.000 Euro bei einer Zwangsversteigerung

Tatsächlich hat es vor 15 Jahren weit spektakulärere Gewalttaten in Gerichten gegeben als heute: Fluchten von gefährlichen Intensivtätern und Angriffe auf das Personal. Begonnen hatte die Diskussion um die Sicherheit Ende 2005. Im November 2005 hatte eine vermummte Bande eine Zwangsversteigerung im Amtsgericht Schöneberg überfallen und mehr als 100.000 Euro geraubt. Die Kriminalpolizei hatte anschließend das völlige Fehlen von Sicherheitsvorkehrungen kritisiert. Im Dezember 2005 wurde Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge in seinem Büro von einem Mann mit einem Knüppel verletzt. Die Alarmanlage habe nicht funktioniert, bemängelte der Chefankläger später.  

Ende 2004 wollte ein psychisch Gestörter das Sozialgericht mit einer Panzermine in die Luft sprengen. Danach wurde an einigen gefährdeten Gerichtsgebäuden Einlasskontrollen installiert. 2017 hatte Behrendt dann angekündigt, die Sicherheit aller Gerichte auf den Standard des Kriminalgerichts zu bringen.

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