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Razzia gegen arabische Großfamilien im August 2018, in der Pohlstraße in Berlin-Tiergarten.

© Paul Zinken/picture alliance/dpa

Kampf gegen Berliner Clans: Hurra, Polizei und Politik sind aufgewacht!

Zu lange wurde die Gefahr durch kriminelle arabische Großfamilien kleingeredet. Endlich ist allen klar: Diese Nahost-Mafia muss bekämpft werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Werner van Bebber

Das Phänomen gibt es seit mindestens zehn Jahren, für manche gehört es längst zur Folklore der Berliner Innenstadt-Bezirke: Sehr teure, sehr laute Limousinen aus schwäbischer Produktion, veredelt von der Tuningschmiede AMG, in schwarz oder weiß oder mit Camouflage-Folie überzogen, gefahren von jungen Männern, die noch nicht lange genug auf dieser Welt sind, um die 100.000 Euro für solche Autos zusammengespart zu haben. Sie machten mit diesen Autos – oder wahlweise mit Konkurrenzprodukten gleichen Stils aus Ingolstadt oder München -, was sie wollten: rasen, rennen, dabei telefonieren, parken, wo es gerade passt. Auf dem Beifahrersitz immer einer, der so ähnlich aussieht wie der Fahrer, die gleiche Basecap, der gleiche Vollbart, ebenfalls am telefonieren.

Klischees? Ja und nein. Rasende, röhrende Mercedes- oder Audi-Besatzungen von der beschriebenen Art sieht man oft genug in Berlin, um sie zum Klischee zu erklären. Und sie verhalten sich auf immer gleiche Weise klischeehaft nervig. So nervig, dass man sich lange Jahre fragte, ob die verhaltensauffällige Art der Teilnahme am Straßenverkehr eigentlich niemanden auf Dauer irritiert, der in der Stadt mit Sicherheit und Ordnung zu tun hat. Denn das ging eben mit dem Phänomen einher: eine Erosion der Regeln und der Ordnung. Und endlich sieht die Politik dem nicht länger zu.

Einschreiten verhieß Ärger, also ließ man es

Politiker wie Heinz Buschkowsky haben es immer mal wieder angesprochen: die beschriebenen Limousinen, die in Neukölln auf Busspuren vor dem Café oder der Schischa-Bar geparkt werden – und den Einsatz von mindestens einem Polizei-Mannschaftswagen notwendig machen, wenn eine Knolle geschrieben werden sollte, weil sich ganz plötzlich auf Ärger gestimmte Mobs um die geparkten Edelkarossen bildeten. Weshalb einfache Streifenwagen-Besatzungen es lieber unterließen, auf Einhaltung der Regeln zu pochen.

Doch Innensenatoren und Polizeipräsidenten interessierten sich lange Jahren nicht für das Phänomen, in Berlin so wenig wie in anderen Teilen der Bundesrepublik, in Nordrhein-Westfalen oder in Bremen, wo sich dieses Gebaren breit machte. Dabei lag auf der Hand dass es gute Gründe gab, politisch aktiv zu werden, auch weil nach Buschkowsky andere Bezirkspolitiker hinwiesen auf die Beziehung zwischen den teuren Autos und gewissen Mitgliedern arabischer Großfamilien mit sehr dubiosen Einnahmequellen – und sich Abgeordnete wie der SPD-Mann Tom Schreiber dafür interessierten.

Das hat sich geändert, und das ist gut so. Deshalb verdienen Politiker wie der Innensenator Andreas Geisel und eine Polizeipräsidentin wie Barbara Slowik Anerkennung: Sie haben die Herausforderung angenommen. Sie sehen in den Großfamilien nicht mehr eine Gruppe bedauernswerter staatenloser Menschen aus dem Nahen Osten, denen man hier das Ankommen schwer gemacht hat, weil man erwartete und hoffte, dass sie wieder wegziehen.

Sie sehen zumindest in den berufskriminellen Mitgliedern der Clans die Nahost-Ausgabe der Mafia: eine Organisation, die nach eigenen Regeln lebt und agiert, ihr eigenes Verständnis von Recht durchsetzt und die Menschen um sie herum als „Beutegesellschaft“ betrachten. Und sie haben verstanden, dass konsequentes Wegsehen die Ordnung des Zusammenlebens gefährdet.

Neue Ansage: Regeln gelten für alle

Also bauen sie mit Hilfe der Polizei Druck auf, Verfolgungsdruck. Vor ein paar Tagen ging es an ein paar Kontrollstellen auf großen Neuköllner Straßen um die, die mit den auffallenden Autos unterwegs sind. Auf die Präsenzdemonstration der Auto-Protze antwortete die Polizei mit der Präsenzdemonstration der Ordnungshüter. Und der Ansage: Regeln gelten für alle. Denn längst gibt es Gegenden in Berlin, in denen diese Ansage sehr lange nicht zu hören war, zumindest nicht laut genug. Fahrer- und Fahrzeugkontrollen sind eine von mehreren Methoden, um der Ansage Geltung zu verschaffen. Schwerpunkteinsätze des Zolls, des Ordnungsamts, der Gewerbeaufsicht gehören auch dazu – und eine Justiz, die ebenfalls aufmerksam geworden ist und mit Akribie der Spur des Geldes folgt. Woher kommt das Geld für ein 100.000-Euro-Auto? Aus dem Automaten-Kasino? Aus der Vermietung von Wohnungen, in denen Flüchtlinge untergebracht sind?

Bezirkspolitiker wissen da manchmal mehr als die Ordnungshüter auf der Senatsebene. Umso wichtiger ist deren angemessene Reaktion auf eine Parallelgesellschaft, die vielleicht nicht groß ist, aber genau die Liberalität verhöhnt, auf die man in Berlin mit Recht besonders stolz ist. Denn die funktioniert nur mit Regeln, die für alle gelten. 

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