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Einer ihrer letzten Ausflüge führte Karoline Nuckel zu ihrem Pferd Aneto.

© Lara Schulz

Mit 38 Jahren den Kampf gegen Krebs verloren: Karoline Nuckel erfüllte sich noch ihren letzten Wunsch

Mit ihrem Lebensgefährten Samad Berdjas schrieb die Berlinerin eine Wunschliste für die Zeit, die ihnen noch blieb. Jetzt erfüllte er ihren allerletzten Wunsch.

Stand:

„Du hast mehr rausgeholt, als möglich war.“ Ich höre Samad diesen so treffenden Satz inmitten des Waldes sagen. Ich sehe ihn dabei an, aber sein Mund bewegt sich nicht. Seine Worte kommen vom Band, ganz ruhig und sanft klingen sie. Voller Liebe und Bewunderung. Dabei steht er stumm da und blickt auf zwei große Fotos von Karo. Und ihren Sternenstaub.

Nach mehr als dreieinhalb Jahren endete Karoline Nuckels Kampf gegen den Krebs in jenem Berliner Hospiz, das sie sich selbst dafür ausgesucht hatte. Sie fühlte sich dort wohl, das berichtete sie mir voller Dankbarkeit.

Nach ihrem Umzug dorthin blieben ihr noch drei Monate. Manche Tage waren sehr schwer, vom Elend des vom Krebs zerfressenen Körpers gezeichnet. An anderen schaffte sie es, sich auf das zu besinnen, womit sie mich und viele andere Menschen so sehr inspiriert hat: Ihren Zustand zu akzeptieren und in den gegebenen Möglichkeiten zu leben, zu erleben. Sie besuchte noch einmal ihr Pferd in Brandenburg, fuhr in den Garten nach Oranienburg und feierte den Geburtstag ihres Vaters. Sie kostete das Leben bis zuletzt aus. Holte eben mehr raus, als eigentlich möglich war.

Wenige Wochen vor ihrem Tod schwand ihre Energie jedoch zusehends. Sie verkleinerte den Kreis derer, die sie noch traf, immer weiter, schlief bei Besuchen manchmal einfach ein und schickte irgendwann auch keine Sprachnachrichten mehr an die, die ihr lieb waren.

Und dann kam der Moment, von dem alle wussten, dass er irgendwann kommen würde in all seiner Brutalität – am 18. April starb Karo.

Karoline Nuckels Buch ist ein Plädoyer für das Leben und gibt Antworten auf Fragen, denen wir uns alle irgendwann stellen müssen.

© Knaur Verlag

Man kann sich darauf nicht vorbereiten. Am Ende war es nur eins: unbegreiflich. Karos Eltern, ihre beiden Schwestern und ihr Partner Samad Berdjas, mit dem sie das wundervolle Buch „Wer im Jetzt lacht, lebt am besten“ geschrieben hat, konnten jedoch noch eine Sache für sie tun – ihren letzten Wunsch erfüllen.

Und so trägt Samad an diesem warmen Frühlingstag Ende Mai zwischen Sonne und Regenwolken Karos Sternenstaub durch den Friedwald in Bernau. Zu dem Baum, den sie sich gemeinsam als letzte Ruhestätte ausgesucht haben. Es ist unerträglich schwer, ihr Tschüß zu sagen, sie dort zurückzulassen und wieder ins eigene Leben zu gehen.

Doch Karo hat selbst für diesen schweren Moment alles akribisch vorbereitet und hinterlässt eine Botschaft, die ich mir in Momenten tiefster Trauer ins Gedächtnis rufe: „Was danach kommt, kann niemand sagen. Zumindest weiß ich, dass das, was davor kam, genau richtig war. Ich bin so selig und dankbar für jede Erinnerung, die ich mit euch teilen durfte – und die nun hoffentlich abstrakt ein wenig durch euch weiterleben darf. In euren Köpfen und vor allem: in euren Herzen. Versprecht mir: Macht weiter mit dem intensiven Leben, packt es an, genießt es. Lacht und liebt, so gut ihr könnt. Und solange ihr könnt. Denn niemand weiß, wie viel Zeit jede und jeder von uns geschenkt bekommt.“ 

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