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Berlin: Kein einfacher Doppelhaushalt

Noch steht der Haushaltsentwurf 2002/03, den der Senat am 19. März vorlegen will, auf tönernen Füßen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Noch steht der Haushaltsentwurf 2002/03, den der Senat am 19. März vorlegen will, auf tönernen Füßen. Der neue Finanzsenator Thilo Sarrazin muss zusehen, dass er bis dahin möglichst viele Finanzrisiken in den Griff bekommt. Dazu zählen die öffentlichen Unternehmen; besonders die Bankgesellschaft und die Flughafenholding. Aber auch die Krankenhäuser, das Personal des Landes Berlin, die Sozial- und Jugendhilfe, die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsförderung und die Verwaltung der landeseigenen Immobilien und Gebäude sind Risikofaktoren ersten Grades.

Der Finanzsenator muss außerdem hoffen, dass die Steuereinnahmen nicht weiter sinken. Die Steuerschätzung im Mai wird bei der parlamentarischen Beratung des Doppeletats berücksichtigt werden müssen. Unwägbar ist auch, welches Landesvermögen der Senat in den nächsten beiden Jahren tatsächlich aktivieren kann. Zusätzlich müssen die Fehlbeträge aus den Haushaltsjahren 2000 (655 Millionen Euro) und 2001 (1,925 Milliarden Euro) übernommen und ausgeglichen werden. So sieht die Risikoverteilung im Einzelnen aus:

Öffentliche Unternehmen: Das Land Berlin muss für alle Defizite aus dem Immobilienbereich der Berliner Bankgesellschaft aufkommen. Verzögerungen bei der Privatisierung der Flughafengesellschaft, die verheerende Geschäftslage des Müllverwertungszentrums "Schwarze Pumpe" in Brandenburg und die Schwierigkeiten der Berlikomm werden die Landeskasse in den nächsten beiden Jahren mit jeweils dreistelligen Millionensummen belasten. Hinzu kommt der Ausfall von Dividenden und Konzessionsabgaben bei mehreren landeseigenen Unternehmen und Mehrausgaben für die Wohnungsbauförderung.

Krankenhäuser: 2002/03 schlägt die Personalabwicklung bei den ehemals städtischen Krankenhäusern zu Buche; außerdem ist die Finanzlage der neuen Krankenhausgesellschaft Vivantes schwierig. Verbindlichkeiten in dreistelliger Millionenhöhe sind im Wirtschaftsplan nicht abgedeckt. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass Vivantes einen hohen Zuschussbedarf geltend macht, um seine Arbeit fortsetzen zu können.

Öffentliches Personal: Die geplante Absenkung der Personalausgaben bis 2003 um 360 Millionen Euro ist ein ehrgeiziges Ziel, auch wenn die dafür notwendigen Stellenstreichungen in der SPD/PDS-Koalitionsvereinbarung konkret unterlegt sind. Der nächste Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst bringt finanzielle Ungewissheiten mit sich und die Verhandlungen mit den Gewerkschaften über einen Solidarpakt haben noch gar nicht begonnen.

Hilfen und Fördermaßnahmen: Der Senat will ab 2002 die Wirtschafts- und Beschäftigungsförderprogramme straffen, die Arbeit der Sozialämter reformieren, die Heimunterbringung von Kindern und Jugendlichen neu ordnen und die Krankenhilfe eindämmen. Diese "strukturellen Maßnahmen" sollen bis 2003 etwa 300 Millionen Euro sparen helfen. Die Reformen müssen allerdings umgesetzt werden, sonst steht das Sparziel nur auf dem Papier.

Andere Sachausgaben: In einer Modellrechnung der rot-roten Koalition, die Grundlage der Finanzplanung für die nächsten fünf Jahre ist, sind 2002/03 bei den konsumtiven Sachausgaben Einsparungen von 770 Millionen Euro vorgesehen. Davon sind bisher nur 578 Millionen Euro durch konkrete Kürzungen unterlegt.

Einnahmen: Angeblich steigen die Steuereinnahmen des Landes Berlin bis 2003 um mehr als 500 Millionen Euro. Eine Prognose, die nicht nur Wirtschaftsexperten skeptisch sehen. Die Erhöhung der Grundsteuer und die geplante Konzessionsabgabe für Wasser, die dem Doppelhaushalt insgesamt 168 Millionen Euro zuführen sollen, müssen vom Senat erst noch beschlossen werden. Das Hauptproblem auf der Einnahmeseite sind aber die Vermögensaktivierungen: von den Grundstücksverkäufen über die Veräußerung der Wohnungsbaugesellschaft GSG und der Feuersozietät bis zur Privatisierung der Messegesellschaft. 2002/03 sollen die Vermögensgeschäfte rund 2,35 Milliarden Euro in die Landeskasse spülen. Ob das gelingen wird, ist bislang noch völlig ungewiss.

Finanzrisiken in Milliardenhöhe hin und her - noch bis zur Sommerpause wird in Berlin ohne einen rechtsverbindlichen Landeshaushalt regiert. Es gilt bis dahin die vorläufige Haushaltswirtschaft, die sich an den Eckdaten für 2002 der noch geltenden, aber schon realitätsfernen mittelfristigen Finanzplanung orientiert. Es gibt aber weder eine Haushalts- noch eine Stellen- und Beförderungssperre.

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