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Neun Monate. So alt ist Eisbärin Hertha inzwischen, 85 Kilogramm bringt sie auf die Waage. Damit nimmt der Knuddelfaktor natürlich ab.

© picture-alliance/ dpa

Tierpark Berlin: Kennen Sie noch diese Eisbärin?

Erinnert sich noch jemand an Hertha? Die Eisbärin im Tierpark interessiert kaum jemanden, scheint es. Warum manche Berliner Bären zu Superstars werden – und andere es schwieriger haben.

Ach, die Knuddelphase ist endgültig vorbei. Hertha, Bärenliebling im Tierpark für ein paar Monate, wiegt jetzt 85 Kilo, frisst nach Kräften Fleisch und Fisch, nimmt auch noch Milch von ihrer Mutter Tonja. Aber komischerweise hat sich in den vergangenen Monaten außer den Besuchern des Tierparks kaum jemand für ihr Aufwachsen interessiert. Nicht der Hauch eines Hypes, keine Badefotos mit einem Pfleger – alles anders als beim Kollegen Knut, der eine regelrechte Hysterie auslöste, weit über Berlin hinaus.

Fototermin im Tierpark

Am gestrigen Montag, immerhin, war Pressetermin, und durch diesen kleinen Anstupser sind wir immerhin wieder drauf gekommen, dass da was war. Hertha, richtig. Eine nette Bärin, verspielt, fotogen, souverän im Umgang mit Wasser, wie sich das für ihre Spezies gehört. Aber dennoch war da diese Funkstille.

Sie hat möglicherweise damit zu tun, dass die Bärenpaten von Hertha BSC gegenwärtig andere Probleme haben, die Bundesliga-Tabelle betreffend, und deshalb eine regelmäßige Präsenz von Kickern und Trainer nicht zu organisieren war. Oder es lag an der relativ cityfernen Unterbringung, die es dem klassischen West-Berliner Zoopublikum schwieriger macht, mal eben per Dauerkarte reinzuschauen.

So oder so: Hertha, die Bärin, ist einsortiert und abgehakt, vielleicht kommen zum ersten Geburtstag noch mal Fotografen vorbei, wenn sie wieder ein paar Dutzend Kilo um die Hüften draufgelegt hat und sich ganz langsam der Bären-Pubertät nähert, dann endgültig kein knopfäugiges Kuschelpuschelplüschknuddeltier mehr ist. Ihr wird es gleich sein, Bärenkinder haben sowieso keine Ahnung von Selfies und Instagram. Und die geheime, angeblich immer noch bestehende Rivalität von Zoo (West) und Tierpark (Ost) geht ihr sowieso am dicken Hinterteil vorbei.

Ohnehin liegen die Dinge bei den Berliner und den zugereisten Bärenfreunden ja so, dass das nächste Bären-Großereignis schon einigermaßen terminiert ist. Hong und Kong... Nein, sorry, China, das sind die falschen Namen, also: Die beiden bislang ungetauften Pandas werden noch in diesem Jahr vorgestellt, vermutlich im November. Im Moment, das lässt sich bei allem Respekt sagen, sehen sie aber noch eher wie Hamster aus, schütter behaarte Krabbeltiere, in denen nur das geschulte Auge des Bärenkurators schon die Ansätze künftigen Superstar-Charismas erkennt, das spezifisch Schnuffige, das Generationen und Kontinente in einem einzigen Gefühlsausbruch verbindet: Ach, wie süüüüß!

Knut, der Unvergleichliche, hat das damals ebenfalls geschafft, obwohl ihm alle pandaspezifischen Vorteile, das adrett schwarz-weiße Puschelfell und die kugelrunden Formen, fehlten. Er war nach der Babyphase eher ein räudiger Gesell, der zur Legende durch seinen frühen Tod wurde – denn ein paar Jahre später wäre er eben auch nur so ein Eisbär gewesen, der wie alle anderen Eisbären ausschaut, nicht anders als mancher Rockstar, der weiß, weshalb er den frühen Tod einer endlosen Tingelei vorzieht.

Kein Interesse an Warzenschweinen oder Pavianen

Was also die Pandas angeht: Zwar ist Berlin abgeklärter und Panda-erfahrener als Rhenen in Holland oder Kopenhagen, wo die Ankunft erwachsener Pandas in den vergangenen Jahren eine riesige Welle geschlagen hat – insgesamt haben neun europäische Zoos welche. Wir in Berlin wissen noch von damals ziemlich sicher, dass nach der Ankunft das Dableiben kommt; das kann sich über Jahre hinziehen, und ältere Pandas sind nicht so lustig wie junge Pandas, sondern oft rechte Stinkstiefel ohne eigenen Plan für die Öffentlichkeitsarbeit.

Eisbärin Hertha beim Ballspiel.
Eisbärin Hertha beim Ballspiel.

© dpa

Deshalb ist das mit den beiden neugeborenen Zwillingen nun genau der richtige Plan, und man wird vermuten dürfen, dass sie im Zoo schon mal die Stühle durchzählen und den Sicherheitsdienst verstärken, bevor es im November losgeht. Was auch immer passiert: Es ist ungerecht gegenüber den anderen Tieren, die langweilig, hässlich oder einfach nur normal sind. Wann hat jemals irgendein Journalist über den Nachwuchs bei den Warzenschweinen oder Pavianen geschrieben?

Darum wäre es wohl fair, einfach in den Tierpark zu fahren, wenn im Zoo die Panda-Show beginnt: Hertha, die Bärin, freut sich dann sicher über jede Aufmerksamkeit. Und in ein paar Jahren, wenn die Jung-Pandas ihre politische Mission erfüllt haben und abreisen, dann ist sie immer noch da.

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