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Berlin: Kiezstreifen – viel Ordnung, wenig Sauberkeit

Bezirksmitarbeiter gehen verstärkt gegen Radfahrer und Prospektverteiler vor. Um Müll und Hundekot auf Straßen und Plätzen kümmern sie sich kaum

Müll auf Straßen und in Parks, Hundehaufen auf Gehwegen: Der Dreck in der Stadt ist ein dauerndes Ärgernis. Seit einem guten halben Jahr sind die Kiezstreifen unterwegs. Sie sollen Verstöße gegen das Hundegesetz oder andere Ordnungswidrigkeiten ahnden, also diejenigen zur Rechenschaft ziehen, die zum Schmuddelbild Berlins beitragen. Um der Verwahrlosung im öffentlichen Raum entgegenzutreten, hatte das Abgeordnetenhaus beschlossen, neue Ordnungsämter in den Bezirken aufzubauen und denen einen Außendienst, eben jene Kiezstreifen, zuzuordnen. Getan hat sich bei der Sauberkeit in der Stadt allerdings wenig.

Manche Berliner haben sogar die Erfahrung gemacht, dass Polizisten jede Zuständigkeit für die Verfolgung solcher Ordnungswidrigkeiten unter Hinweis auf die Ordnungsämter von sich weisen. So einfach ist das aber nicht. Laut Martin Steltner, Sprecher der Innenverwaltung, sind zwar vorrangig die Ordnungsämter gefragt. Aber „subsidiär“, wie es heißt, bleibe die Polizei zuständig. Das bedeutet, dass es durchaus zu den Aufgaben eines Beamten gehört, einen Hundebesitzer aufzufordern, die Hinterlassenschaften seines Tieres zu beseitigen.

Die statistische Bilanz der Kiezstreifen ist zwiespältig: In Charlottenburg-Wilmersdorf zum Beispiel wurden im April insgesamt 146 Verfahren eingeleitet. Die meisten, nämlich 64, betrafen das Radfahren im Park. 31 Mal wurden Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, weil gegen den Leinenzwang in Parks verstoßen wurde. Die übrigen Ordnungswidrigkeitsverfahren betrafen zumeist das illegale Verteilen von Werbung auf Straßenland. 550 Ordnungswidrigkeiten ahndeten im selben Zeitraum die Kiezstreifen in Tempelhof-Schöneberg. Auch hier galten diese oftmals den illegalen Radfahrern in den Parks. Allerdings hat jetzt die Bezirksverordnetenversammlung das Ordnungsamt aufgefordert, sich in dieser Beziehung künftig etwas zurückzuhalten, sagt Barbara Lange vom Ordnungsamt. Verstöße gegen die Beseitigungspflicht von Hundekot werden praktisch auch hier kaum geahndet. Ähnlich sieht es in Friedrichshain-Kreuzberg aus. Nach Angaben von Baustadtrat Franz Schulz (Bündnisgrüne) betreffen in Parks 75 Prozent der verhängten Buß- und Verwarnungsgelder Verstöße gegen die Leinenpflicht. Auf Straßen wurde vor allem illegale Werbung geahndet.

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) will noch keine Bilanz ziehen. „Dafür ist es noch zu früh“, sagt sein Sprecher Steltner. Eine Bestandsaufnahme soll es Ende 2005 geben. Heidemarie Fischer, innenpolitische Sprecherin der SPD, beurteilt die Kiezstreifen zwar als „sehr positiv“, meint aber „da müsse sich noch so manches einpendeln“. Deutlichere Worte findet Frank Henkel, der innenpolitische Sprecher der CDU. An den Kiezstreifen an sich will er nicht rütteln: „Das Prinzip ist ausgezeichnet, die Idee geht auf uns zurück, man muss es nur mit Leben füllen.“ Aber Henkel hat das Gefühl, dass der Senat „hier mit heißer Nadel gestrickt hat“. Zurzeit wirke es zudem so, als ob sich die Kiezstreifen auf die Parküberwachung konzentrierten. „Das war aber nicht Zweck der Veranstaltung“, sagt Henkel. Denn inzwischen dürfen die Kiezstreifen auch Knöllchen ausstellen. Die Zahlen aus Mitte könnten ihm Recht geben. Im April ahndeten die Ordnungsamtsleute 212 Verkehrsverstöße, aber nur 43 Verstöße gegen das Hundegesetz.

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