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Ein Klimaaktivist wird von der Straße gelöst.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Update

60 Stunden Freizeitarbeit für Autobahnblockade: Klima-Demonstrant der „Letzten Generation“ in Berlin verurteilt

Im Juni klebte er sich auf der Stadtautobahn fest, nun wurde ein 20-jähriger Klimaaktivist der „Letzten Generation“ verurteilt.

Nach einer Aktion von Klimademonstranten kam ein 20-Jähriger am Dienstag vor das Amtsgericht Tiergarten. Der junge Mann aus Leipzig hat sich im Juni dieses Jahres an einer Straßenblockade der Gruppe „Letzte Generation“ beteiligt und sich mit sechs weiteren Personen in den Morgenstunden auf die Fahrbahn im Bereich der Stadtautobahn A100 in Wedding gesetzt und mit Klebstoff daran festgeklebt.

Das Amtsgericht Tiergarten entschied, dass sich der 20-Jährige der Nötigung schuldig machte. Das Gericht verurteilte den jungen Mann zu 60 Stunden Freizeitarbeit. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldstrafe von 1500 Euro beantragt und dafür plädiert, den 20-Jährigen nach dem Erwachsenenstrafrecht wegen Nötigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu verurteilen.

Das Gericht sah den Vorwurf des Widerstands aber nicht als bewiesen an. Es wandte aufgrund des Alters des Mannes das mildere Jugendstrafrecht an. Der Verteidiger hatte einen Freispruch beantragt. Nur für wenige Minuten habe es eine Blockade gegeben. Für eine Rettungsgasse sei zudem gesorgt gewesen.

Der Richter zeigte in der Urteilsbegründung zwar Verständnis für das Anliegen des Angeklagten, machte aber deutlich, dass nicht gegen Gesetze verstoßen werden dürfe. Durch das Festkleben seien andere Menschen an ihrem Fortkommen gehindert worden. Niemand dürfe zum Werkzeug gemacht werden, um politischen Druck auszuüben. „Es muss andere Wege geben als ein Blockieren“, sagte der Richter.

Gegen den 20-Jährigen war Angaben zufolge zunächst ein Strafbefehl über 450 Euro Geldstrafe (30 Tagessätze zu je 15 Euro) wegen Nötigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte erlassen worden. Weil er dagegen Einspruch eingelegt hatte, kam es nun zur mündlichen Verhandlung.

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Die Gruppe „Letzte Generation“ kritisierte das Berliner Urteil am Dienstagabend scharf. „Obwohl es die Klimakrise als Problem anerkannte, klammerte das Gericht diese in seiner Entscheidung ausdrücklich aus“, teilte die Initiative mit. Dies sei ein „fataler Fehler“.

„Wir sind bereit, die rechtlichen Konsequenzen für unser Handeln zu tragen, doch können es nicht hinnehmen, dass sich das Gericht heute aus der Verantwortung gezogen hat (...).“ Die „Letzte Generation“ kündigte an: „Der friedliche Widerstand geht mit derselben Entschlossenheit weiter.“

Die Aktivisten fordern von der Bundesregierung mehr Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel. Durch das Ankleben ihrer Hände an der Straße wollen die Demonstranten verhindern, dass die Polizei sie schnell wegbringt.

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Am 1. September folgt ein Prozess gegen einen 59-Jährigen aus München wegen dreier Straßenblockaden am 26. und 28. Januar. Den Strafbefehl über 50 Tagessätze zu 50 Euro – also 2500 Euro – wollte er nicht akzeptieren.

Insgesamt hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen mehr als hundert Blockierer abgeschlossen und Strafbefehle bei Gericht beantragt. In allen Fällen geht es um Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Im Juli wurden 59 Verfahren abgeschlossen, im August waren es bis Freitag 55 Fälle. Weitere Ermittlungsverfahren laufen, bislang ist noch kein Strafbefehl rechtskräftig.

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Selbst wenn das Gericht die Geldstrafen bestätigt, bleibt offen, wie sehr es die Aktivisten trifft. Die „Letzte Generation“ sammelt bereits Spenden, um die Gebührenbescheide der Polizei für Einsätze bei Straßenblockaden zu begleichen.

Die Polizei verlangt 241 Euro für das Ablösen der auf den Straßen angeklebten Hände der Aktivisten, die deshalb auch „Klima-Kleber“ genannt werden. Seit Beginn der ersten Blockadewelle im Januar und der zweiten Welle im Juni und Juli sind bislang 63 Gebührenbescheide verschickt worden.

Die „Letzte Generation“ hat dafür bereits 16.700 Euro an Spenden zusammenbekommen, damit können etwa 70-mal die Gebühren bezahlt werden. axf (mit dpa)

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