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Eine gesetzliche Krankenkasse soll rund 85 Millionen Euro zu Unrecht aus dem Gesundheitsfonds erhalten haben. Jahre später hat ein Prozess um mutmaßliche Korruption begonnen. (Foto Illustration)

© Monika Skolimowska/dpa

Korruption im Gesundheitswesen? : Mitarbeiter der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin steht vor Gericht

Rund 85 Millionen Euro soll eine Krankenkasse zu Unrecht erhalten haben. Jahrelange Ermittlungen in Berlin führen zu einem Strafprozess. Die Verteidiger halten die Vorwürfe für „fernliegend“.

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Eine Krankenkasse soll rund 85 Millionen Euro zu viel aus dem Gesundheitsfonds erhalten haben – laut Anklage soll Korruption eine Rolle gespielt haben. An die zehn Jahre später befasst sich das Berliner Landgericht mit den Vorwürfen. Angeklagt sind zwei leitende Mitarbeiter der Barmer Ersatzkasse und ein damaliges Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin.

Der 62-jährige Ex-Vorstand und die weiteren Angeklagten – eine 60-jährige Frau und ein 46-Jähriger – kündigten über ihre Verteidiger umfassende Aussagen an zu den Vorwürfen der Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung. Sie wollen auf Fragen des Gerichts ausführlich Rede und Antwort stehen. Die Verhandlung werde ergeben, „dass die Vorwürfe unbegründet sind“, so die Verteidiger.

Kranke kränker gemacht?

Das KV-Vorstandsmitglied und die beiden Mitarbeiter der Krankenkasse sollen für die Jahre 2014 und 2015 sogenannte Unrechtsvereinbarungen getroffen haben. Denen zufolge seien Gesundheitsdaten von Versicherten nachträglich verändert worden, so die Staatsanwaltschaft. Ziel sei es gewesen, höhere Zuwendungen aus dem Gesundheitsfonds zu erhalten. Nicht existente Krankheitsdiagnosen von über 120.000 Versicherungsnehmern seien hinzugefügt worden.

Krankenkasse wies Vorwürfe zurück

Wurden die Kranken kränker gemacht, als sie waren – um aus dem Gesundheitsfonds mehr Geld zu kassieren, als der Krankenkasse zugestanden hätte? Die Barmer Ersatzkasse wies die Vorwürfe bereits vor Jahren zurück. Man habe „nicht plausibel kodierte Diagnosen bei der lückenhaften Dokumentation chronischer Erkrankungen“ nur nach Prüfung korrigiert – im Interesse der Versicherten.

Eine Änderung der von den Ärzten oder Psychotherapeuten kodierten Krankheitsdiagnosen durch die Kassenärztliche Vereinigung oder durch die Krankenkassen sei gesetzlich nicht vorgesehen, heißt es in der Anklage.

2014 soll die Krankenkasse fast 29 Millionen Euro zu Unrecht aus dem Fonds erhalten haben, rund 56 Millionen im Jahr 2015. „Dieser Betrag konnte damit nicht an die anderen Krankenkassen im Rahmen des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs verteilt werden“, so die Anklage. Die KV Berlin soll 250.000 Euro von der Krankenkasse erhalten haben.

Den Angeklagten wird nicht vorgeworfen, privaten Nutzen gezogen zu haben. Ein Verteidiger sagte, zu keinem Zeitpunkt sei es um ein Verfälschen von richtigen Daten gegangen, sondern stets um die Korrektur fehlerhafter Daten. Die Aussagen sollen am 10. November beginnen.

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