zum Hauptinhalt
tacheles

© Doris Spiekermann-Klaas

Mitte: Kunsthaus Tacheles vor der Räumung

Das Berliner Kunsthaus Tacheles steht vor dem Aus. Die HSH Nordbank besteht auf einer Räumung der Kaufhausruine.

Das Kunsthaus Tacheles in der Oranienburger Straße steht vor der Räumung. Das sagten der Vorstand des Vereins Martin Reiter und der Insolvenzverwalter des Vereins Joachim Voigt-Salus bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Die Eigentümer des Areals hätten eine „einstweilige Verfügung“ angekündigt, mit der sie die Rückgabe des Gebäudes durchsetzen können. „Das ist bitter, und die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagte Voigt-Salus. Dass er aber kaum Aussichten auf eine Fortführung des Kunsthauses sieht, machte der Insolvenzverwalter des Tacheles ebenfalls deutlich.

Das Tacheles besuchten über acht Millionen Menschen in den vergangenen zehn Jahren Es ist im Eigentum einer Gesellschaft der Fondsfirma Fundus. Doch diese steht mit rund 75 Millionen Euro in der Kreide und hat wohl einen Teil der Zinsen nicht bezahlt. Deshalb steht das Areal unter Zwangsverwaltung. Eine Sprecherin der Fundus-Gläubigerin HSH–Nordbank sagte dem Tagesspiegel: „Der Zwangsverwalter hat im Interesse von Eigentümern und Gläubigern im August 2009 einen Räumungstitel erwirkt. Damit der künftige Investor frei in seiner Nutzung des Areals ist, wird dieses geräumt übergeben.“ Nach der Räumung werde das Grundstück noch in diesem Jahr zwangsversteigert. Der Mietvertrag mit dem Tacheles sei seit Ende 2008 ausgelaufen. Außerdem verlangt die Fundus vom Kunsthaus 108 000 Euro „ortsübliche Miete“. Deshalb ist der Tacheles-Verein inzwischen pleite.

Dabei gab es Pläne, der Bank das Kunsthaus mit einer Fläche von 1258 Quadratmetern zum gutachterlich festgestellten Wert von 3,5 Millionen Euro abzukaufen. Dem Verein zufolge stand auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit Plänen zur Fortführung des Kunsthauses wohlwollend gegenüber. Doch die Verhandlungen des Tacheles-Insolvenzverwalters mit dem Eigentümer waren vergeblich. Dieser wolle das Grundstück, das von der Oranienburger bis zur Friedrichstraße reicht und mit 30 Millionen Euro taxiert werde, nur als Ganzes veräußern. Bei der HSH-Nordbank hieß es dazu: „Wir gehen davon aus, dass Investoren nur am Erwerb des Gesamtareals mit rund 23 000 Quadratmetern interessiert sein werden, so dass ein Herauslösen einzelner Grundstücke nicht angestrebt wird.“

„Gebt das Teilstück frei!“ forderte Vereinsvorstand Reiter gestern noch einmal. Und er kündigte an, mit den zahlreichen Protestbriefen „nach Kiel und nach Hamburg zu reisen“, um dort mit den Landeschefs und Teileigentümern der staatlichen Bank zu verhandeln. Auch Gespräche mit dem Senat strebt der Verein an. Mit Ausstellungen von über 250 Künstlern allein im vergangenen Jahr und 30 Ateliers im Hause trage das Tacheles zur internationalen Strahlkraft der Stadt bei.

Aber wie soll ein insolventer Verein Millionen für ein Grundstücksgeschäft aufbringen? Reiter zufolge resultiert die Überschuldung allein aus den hohen Mietforderungen. Der Insolvenzverwalter sekundiert: „Bei einer kommerziellen Nutzung des Erdgeschosses könnte diese Summe finanziert werden“, so Voigt-Salus. Die Kunst könne dann aus dem Objekt heraus „querfinanziert“ werden. Da die HSH–Nordbank bisher aber keine Verhandlungsbereitschaft gezeigt hatte und die Fortsetzung des Kunsthauses in Frage stellt, war der Verein auch nicht gewillt, die „ortsübliche Miete“ zu bezahlen. Bis Ende 2008 hatte das Tacheles nur eine symbolische Miete von 50 Cent pro Monat bezahlt. Ralf Schönball

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false