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Berlin: La-Belle-Opfer fordern in offenem Brief Entschädigung

Die Anrede mutet eher ungewöhnlich an. "Sehr geehrter Herr Revolutionsführer", heißt es in dem offenen Brief an den libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi, der heute in einer ganzseitigen Anzeige im Tagesspiegel (Seite 21) veröffentlicht wird.

Die Anrede mutet eher ungewöhnlich an. "Sehr geehrter Herr Revolutionsführer", heißt es in dem offenen Brief an den libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi, der heute in einer ganzseitigen Anzeige im Tagesspiegel (Seite 21) veröffentlicht wird. Die Berliner Rechtsanwälte "Schulz Hodok Schirmack & Partner" - sie vertreten im La-Belle-Prozess mehrere Opfer - fordern in der Anzeige Gaddafi auf, für den Anschlag von 1986 Verantwortung zu übernehmen und die Opfer und Hinterbliebenen zu entschädigen. "Wir rechnen nicht damit, dass bei uns morgen die Telefone Sturm klingeln", sagt Axel Schirmack. Vielmehr sei die Anzeige "ein verzweifelter Versuch", das deutsche Auswärtige Amt "unter Druck zu setzen".

Bei dem Bombenanschlag auf die besonders bei Amerikanern beliebte Diskothek "La Belle" starben 1986 drei Menschen, mehr als 200 wurden zum Teil schwer verletzt. Vor fast zweieinhalb Jahren begann der Prozess um das Attentat im Berliner Landgericht: Die fünf Angeklagten haben nach Aufassung der Staatsanwaltschaft die Tat im Auftrag des libyschen Geheimdienstes verübt. Ein Ende des Verfahrens ist nicht in Sicht.

Schirmack und seine Kollegen glauben, dass der Zeitpunkt günstig ist. Denn der libysche Staatschef strebt derzeit offenbar an, die internationale Isolation seines Landes zu durchbrechen. Vor rund einem halben Jahr zahlte Libyen rund 70 Millionen Mark an die Angehörigen der 170 Opfer des Sprenstoffanschlags auf eine DC-10 der Fluggesellschaft UTA über Niger im Jahr 1989. Frankreichs Chefermittler in Sachen Terrorismus, Jean-Louis Bruguiere, hatte diese Summe in Tripolis ausgehandelt. Nach Schirmacks Angaben wären einige seiner Mandanten bereit, selbst nach Libyen zu reisen. "Die Geschädigten fordern Sie hiermit zu einem gemeinsamen Gespräch mit dem Ziel auf, eine angemessene Entschädigung durch Libyen herbeizuführen", steht in dem Brief.

Tatsächlich zeigt sich das libysche Außenministerium seit kurzem zur Zusammenarbeit bereit: Im Februar erging an zwei der zuständigen Richter die Einladung, Tripolis zu besuchen, um den Bombenanschlag zu klären. Der Vorsitzende Richter lässt derzeit von libyscher Seite prüfen, ob die Vernehmung von sechs Zeugen von Tripolis per Videokonferenz nach Berlin übertragen werden könnte.

Ein zweiter Brief der Anzeige wendet sich an Außenminister Joschka Fischer. "Das Auswärtige Amt muss endlich mehr Rückgrat zeigen", sagt Anwalt Andreas Schulz. An Fischer hatten sich im vergangenen Winter bereits die Anwälte Stephan Maigné und Hajo Ehrig, auch sie vertreten in dem La-Belle-Prozess mehrere Opfer, gewandt. Das Amt versicherte in einer Antwort, dass man sich "nachdrücklich" für eine Entschädigung einsetzen wolle - nach einem Urteil.Das Thema im Internet www.meinberlin.de/labelle

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