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Müller gegen alle: Bei der Haushaltsdebatte teilte der Regierende kräftig aus.

© dpa

Haushaltsdebatte in Berlin: Michael Müller teilt gegen Opposition aus

Verkehrte Welt bei der Generaldebatte zum Haushalt: Der Regierende teilt gegen Linke, Grüne und Piraten aus. Die Opposition muss einstecken.

Von Sabine Beikler

Alle Jahre wieder ist die Generaldebatte zum Haushalt für die Opposition die einmalige Chance, der Regierung gehörig die Leviten zu lesen, ihre eigenen Ansätze und Forderungen einzubringen, kurzum: eine Alternative zur Regierungspolitik aufzuzeigen. Diese Debatte verlief am Donnerstag aber verkehrt herum: Statt gehörig auszuteilen, kriegte die Opposition deutliche Worte zu hören – auch vom Regierenden Bürgermeister.

Wie ein roter Faden zog sich die Flüchtlingspolitik durch die Redebeiträge. Das Lageso sei eine „Schande für Berlin und Deutschland“, sagte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop. Sie bezeichnete die Zustände als „humanitäre Katastrophe“. Müller und Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sollten mit der „Legende der andauernden Überforderung“ aufhören. Mit der „Posse rund um Tempelhof“ oder dem Blindflug bei der Gründung eines neuen Landesamtes für Migration erlebe man ein „unerhörtes Regierungs- und Verwaltungsversagen“. Der Rücktritt von Franz Allert als Präsident des Lageso sei nicht ausreichend. Wenn Müller die Lage am Lageso verbessern wolle, „muss auch Czaja entlassen werden“.

Auch Udo Wolf, Fraktionschef der Linken, nannte Allert ein „Bauernopfer“. Das Lageso habe den BER als „Synonym für Berliner Pleiten“ abgelöst. Es fehle ein nachhaltiger Plan, wie man das Flüchtlingsproblem bewältigen könne. „Was passiert, ist nur Stückwerk“, sagte Wolf. Und die Frage, ob man ein Landesamt für Migration wirklich brauche, sei genauso wenig beantwortet wie die Frage nach dem Standort und den Kosten. „Wann machen Sie endlich ihre Arbeit, statt alle zwei Wochen eine Sau durchs Dorf zu jagen?“, rief Wolf in Richtung Senat.

Delius: Die Lageso-Krise sei Regierungskrise

Die Kritik von Martin Delius, Fraktionschef der Piraten, zielte zunächst auf den Doppelhaushalt 2016/2017, der die Ansprüche der Stadt nicht erfüllen würde. Er sei „inkonsequent und unplausibel“. Die Lageso-Krise wiederum sei eine Verwaltungs- und Regierungskrise, sagte Delius. Das führe vor Augen, „wie es um die Menschen in Not steht“. SPD und CDU würden den Gestaltungsspielraum im Haushalt falsch nutzen. Für Personal und landeseigene Unternehmen werde zu wenig Geld ausgegeben. Zuvor hatte Wolf gesagt, man könne mit dem „schönen Geld“ viel mehr anfangen und dieses zum Beispiel in ein Stadtwerk, Straßensanierung oder in mehr Personal stecken. „Sie denken vielleicht, wenn Sie im Wahljahr ein bisschen mehr Kohle raushauen, kriegen Sie alle Glitzersternchen“, sagte er.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller verteidigte den Haushalt, der für einen Paradigmenwechsel stehe. Es werde in bezahlbaren Wohnraum, mehr Sicherheit und Personal investiert und zugleich baue man weitere Schulden ab. Und dann kam Müller direkt auf die Opposition zu sprechen.

Die Opposition müsse auch mal eine Antwort geben, rügt Müller

Er wandte sich an Ramona Pop. Wer von einer humanitären Katastrophe spreche, müsse wissen, dass dies die Begründung für Kriegseinsätze sein könne. Trotz aller Kritik an den Zuständen „erwarte ich von der Opposition, dass man Maß hält“. Und an Udo Wolf gerichtet, sagte Müller, er erlebe bei ihm wie bei anderen, dass man sich „einfach nicht die Finger schmutzig machen“ wolle. Beispiel Unterbringung: Turnhallen dürften tunlichst nicht belegt werden, freie Flächen für Baumaßnahmen zu nutzen gehe auch nicht, Großeinrichtungen wie Tempelhof dürften auch nicht genutzt werden. „In der Opposition hat man die Pflicht, auch mal eine Antwort zu geben und nicht nur zu kritisieren.“ Er sei gespannt, ob Wolf nicht auch mal eine klare Position liefern könne.

CDU-Fraktionschef Florian Graf kritisierte die Grünen mit ihrer „beispiellosen Inszenierung auf dem Rücken der Flüchtlinge und der Lageso-Mitarbeiter“. Die Probleme mit der Flüchtlingsunterbringung seien nicht für parteipolitische Spielchen geeignet. Sozialsenator Czaja habe dem grün regierten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg helfen müssen, die Flüchtlinge vom Oranienplatz oder der Gerhart-Hauptmann-Schule unterzubringen. Berlin gebe 2016 und 2017 rund 700 Millionen Euro in Investitionen für die wachsende Stadt aus, sagte Graf.

Graf und SPD–Fraktionschef Raed Saleh betonten beide die Kraftanstrengung der Koalition, trotz der Zusatzkosten „im Interesse aller Gruppen in Berlin“ zu investieren. Saleh bezeichnete den Haushalt als seriös und sozial gerecht. Berlin gebe 140 Millionen Euro für neue Kitas und 49 Millionen Euro für bessere Kita-Betreuung aus. 564 Millionen Euro flössen in den Schulausbau, 2000 Stellen für Lehrer und Erzieher würden geschaffen.

Graf und Saleh vermieden gegenseitige Kritik und standen als „tragende Säulen“ der Koalition. Und die Opposition tat sich schwer, einen Haushalt zu kritisieren, der viele Bonbons ausschüttet – auch für die Klientel der Opposition.

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