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Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hat im Abgeordnetenhaus Stellung zu Kritik genommen.

© Jens Kalaene/dpa

Missbilligungsantrag gescheitert: Günther-Wünsch entschuldigt sich für Falschaussagen im Fall des gemobbten Lehrers

Die Bildungssenatorin hat frühere Aussagen im Abgeordnetenhaus korrigiert. Im Parlament erklärt sie, wie es dazu gekommen ist. Und bittet bei den Abgeordneten um Entschuldigung.

Stand:

Der Missbilligungsantrag der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus gegen Schulsenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) ist gescheitert. Zuvor in der Fragestunde hatte Günther-Wünsch sich bereits dafür entschuldigt, im Fall von Oziel Inácio-Stech falsche Angaben gemacht zu haben. Der schwule Mann arbeitet als pädagogische Unterrichtshilfe an der Carl-Bolle-Grundschule in Moabit und hatte von Mobbing durch Schüler und Kolleg:innen berichtet und ein „Systemversagen“ durch Schulaufsicht und Bildungsverwaltung angeprangert.

Zu einem Brief, den sein Anwalt dazu am 4. Dezember an Günther-Wünsch persönlich geschickt hatte, hatte die Senatorin zunächst am 5. Juni im Bildungsausschuss und am 12. Juni vor dem Plenum des Abgeordnetenhauses angegeben, dieser habe ihr selbst zunächst nicht vorgelegen.

Das Schreiben sei von ihrem Büro zur Bearbeitung an eine zuständige Stelle weitergeleitet worden. Diese Aussage hatte Günther-Wünsch Ende der vergangenen Woche in einer persönlichen Erklärung zurückgezogen: Das Schreiben sei ihr doch persönlich vorgelegt worden. Sie bedauere, dass ihr das nicht mehr erinnerlich gewesen sei.

„Ich möchte heute die Gelegenheit hier und jetzt nutzen und auch ergreifen und mich sowohl bei der Öffentlichkeit als auch bei Ihnen, sehr geehrten Fraktionäre, für diese falsche Erinnerung meinerseits zu entschuldigen“, sagte Günther-Wünsch am Donnerstag im Plenum des Abgeordnetenhauses während der Fragestunde. Günther-Wünsch wiederholte die Erklärung, aus dem elektronischen Postbuch ihrer Verwaltung sei nicht ersichtlich gewesen, dass ihr das Schreiben am 4. Dezember persönlich vorgelegen hätte.

Die Senatorin hat mit der Falschaussage eine persönliche Verantwortung abgestritten – wie jetzt klar ist, fälschlicherweise.

Der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Louis Krüger

Dies sei erst aus einer erneuten Prüfung der Akten hervorgegangen: „Und da mir angesichts der Komplexität des Sachverhalts eine Transparenz äußerst wichtig ist, habe ich am selben Tag, an dem mir diese Information zukommen ist, die Öffentlichkeit darüber informiert.“ Am 30. Juni nehmen mehrere Abgeordnete in den Fall Akteneinsicht. Auch aus diesem Schritt erhoffe sie „größtmögliche Transparenz“, sagte Günther-Wünsch am Donnerstag. Es sei „die Voraussetzung dafür, die notwendigen, aber auch die richtigen Ableitungen aus dem ganzen Sachverhalt zu ziehen“.

Der Grünen-Fraktion nannte die Entschuldigung der Schulsenatorin zwar richtig, sie reiche aber nicht aus. Hier sei kein Missgeschick passiert, sagte der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Louis Krüger: „Die Senatorin hat mit der Falschaussage eine persönliche Verantwortung abgestritten – wie jetzt klar ist, fälschlicherweise.“ Bis heute sei Günther-Wünsch dieser Verantwortung nicht nachgekommen, und auch eine Entschuldigung entbinde sie nicht davon.

CDU: Antrag ist „Oppositionspopanz“

Zudem dürfe ein Parlament auch als Kontrollinstanz der Regierung Falschbehauptungen des Senats nicht hinnehmen und müsse diese sanktionieren, sagte Krüger: „Sonst schleicht es sich hier ein, dass jeder alles behaupten kann, solange man sich zwei Wochen später entschuldigt.“

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Heiko Melzer, warf Krüger „eine Mischung aus völlig überzogenem Pathos und Unwahrheiten“ vor. Der Antrag sei „Oppositionspopanz“ und habe sich durch Günther-Wünschs Entschuldigung in der Fragestunde erledigt. Diese habe nicht absichtlich gelogen: „Für wie blöd halten Sie die Leute hier eigentlich, dass sie über ihren Posteingangskorb bewusst lügen?“

Günther-Wünsch habe einen Fehler gemacht und habe diesen sowohl der Öffentlichkeit als auch dem Parlament gegenüber eingestanden und sich entschuldigt. Deshalb habe sie „weiterhin die Rückendeckung der Koalition aus CDU und SPD“, sagte Melzer – hier applaudierten allerdings nur die Abgeordneten der CDU. Entsprechend der parlamentarischen Gewohnheiten bei Missbilligungsanträgen gegen Mitglieder einer Koalition hatte die SPD selbst keine Rede angemeldet.

Die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Franziska Brychcy, sagte, trotz Günther-Wünschs Entschuldigung bleibe der Eindruck, dass mindestens zwei Jahre lang die homophobe Diskriminierung und Gewalt gegen Inácio-Stech „nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Sorgfalt behandelt wurde. Und wenn das der Fall ist, ist das verantwortungslos, und das missbilligen wir!“ Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU und SPD abgelehnt, dafür stimmten Grüne und Linke. Die AfD enthielt sich.

Wie der Tagesspiegel aus Fraktionskreisen erfuhr, gab es in der SPD Unmut über den Missbilligungsantrag der Grünen – aus Gründen der Koalitionsdisziplin mussten die Sozialdemokraten dagegenstimmen, obwohl viele Günther-Wünschs Verhalten in der Causa scharf kritisieren. Zudem sei der Antrag vier Tage vor der Akteneinsicht durch die Abgeordneten zeitlich fehlplatziert.

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