zum Hauptinhalt
Der Fahrer wartet. „Bei Papa“ an der Hermannstraße ist eine Limousine mit Chauffeur eher die Ausnahme.

© Theo Heimann

Fahrservice in Berlin: Mit Chauffeur zur Currywurst

Ein schickes Auto mit Fahrer und das zum Taxipreis? Das kann jetzt jeder ganz einfach mit dem Smartphone bestellen. Unser Autor ist damit mal nach Neukölln gefahren. Da war die Fanta plötzlich gratis.

Um ehrlich zu sein: Es waren zwei Damen, die der Autor dieser Zeilen beeindrucken wollte. Eine trug blau, die andere schwarz, beide sind seit Jahren befreundet, wir alle drei arbeiten mehr oder weniger im selben Beruf. So schien es ausreichend, sich an einer Straßenecke irgendwo in Charlottenburg zu verabreden. Alles andere würde sich ergeben. Tat es aber nicht. Die Kneipen in der Gegend waren unspektakulär und schlimmer, ihre Speisekarten boten Gerichte, die wir nicht essen mochten. Im Kino um die Ecke lief irgendwas mit Lindsay Lohan in der Hauptrolle. Als auch noch Nieselregen einsetzte, neigte sich der Abend gefährlich dem Reinfall entgegen.

Glücklicherweise hatte ich mich auf diesen Abend vorbereitet. „Darf ich euch beide eventuell in einer Limousine durch die Stadt kutschieren lassen? Natürlich mit Chauffeur.“ Danach streckte ich die Arme betont lässig in beide Richtungen. Die beiden schauten noch etwas perplexer, als ich erhofft hatte. Ich ließ meine rechte Hand in die Jackentasche gleiten und zog mein Smartphone hervor. Beim ziellosen Surfen war ich vor einigen Tagen auf die Website des Limousinenvermieters Uber geraten. Ähnlich wie einige andere Anbieter bietet das Unternehmen an, den Anrufer zu lokalisieren, und die Fahrtkosten über eine App abzurechnen. Zeit, das mal auszuprobieren.

Per E-Mail kam nach zwei Minuten die Nachricht, dass ein schwarzer Audi A8, Langversion selbstredend, sich auf den Weg gemacht hat. Auf dem Display des Telefons lässt sich sogar erkennen, welche Straße der bestellte Fahrer gerade nimmt. Das Grinsen des Autors wurde umso breiter, je beeindruckter die Damen wirkten. War das eigentlich neureiches Getue? Vielleicht. Aber mittlerweile nieselte es arg, da packt man seine Goldwaage eben wieder ein.

„Guten Abend, wohin darf ich Sie bringen?“, fragte der große, blonde Mittzwanziger im schwarzen Anzug, nachdem er für uns die Türen geöffnet hatte. Stimmt. Darüber hatten wir noch gar nicht geredet. Hilfesuchend drehte ich mich zu den beiden auf der hinteren Bank. „Allmählich habe ich Hunger“, sagte die eine. „Und ich habe eine Idee“, grinste die andere.

Hermannstraße Ecke Thomasstraße. Tiefstes Neukölln.

„Sehr wohl“, sagte der Fahrer.

Am Imbiss „Bei Papa“ ist man Kunden, die aus Limousinen steigen, scheinbar nicht gewöhnt. Als die beiden Begleiterinnen an einem der Plastiktische standen und Currywurst mit Pommes orderten, sammelten sich einige Anwohner aus der Nachbarschaft mit fragenden Blicken. Der älteste von ihnen kontrollierte zwei Minuten lang, ob sein Bart sich noch an der richtigen Stelle befand. Der Herr der Fritteuse verließ seinen Platz und fragte den Autor: „Bist Du öfter hier?“

Als das verneint wurde, schwieg er kurz. „Was willst Du trinken? Geht aufs Haus.“

Eine Dose Fanta und etliche hundert Kalorien später saßen wir wieder im Wagen. Mal das Kontrastprogramm probieren. „Hotel Adlon?“, schlug ich vor und nahm das Jauchzen hinter mir als Zustimmung.

Hier allerdings ist man sehr wohl auf Limousinen eingestellt, was zu einem unerwarteten Konflikt führt. Sowohl der Page auf dem hoteleigenen Eingangsteppich als auch der Fahrer wollten den Begleiterinnen die Tür aufhalten. Ein kurzer Blickwechsel führte zu einer salomonischen Lösung: Jeder der Männer öffnete eine Tür und half der Dame vor sich hinaus. Ich folgte unauffällig. Am Tisch tauchte sofort ein Kellner auf, sobald sich ein Glas der Leere näherte. Statt Erdnüssen stand eine Schale mit Popcorn auf dem Tisch. Ohne Kommentar wurde sie dreimal nachgefüllt. „Du-hu“, fragte die Frau in Schwarz plötzlich. „Wir wollten gern ein paar Gläser Sekt trinken und weiterplaudern. Ist es okay, wenn wir morgen Mittag telefonieren?“

Natürlich. Als ich aufstand, kam der Kellner mit meiner Jacke schon auf mich zu. „Soll ich ein Taxi rufen?“, fragte er. „Nein danke, draußen wartet mein Fahrer.“ Auf einen kurzen Wink vom Kellner riss der Page die Tür auf und brachte mich bis zum Bürgersteig.

Als der Fahrer mich fragte, ob es noch weitergehen sollte, fiel mir kurz ein Titel von Stan Ridgeway aus den 1980ern ein: „Just drive she said.“ Doch dann entschied ich mich für etwas anderes. „Wittenbergplatz. Und dann den Ku’damm runter bis Halensee. Danach können sie mich nach Hause bringen.“

Eine nostalgische halbe Stunde lang ließ ich mich durch die Gegend kutschieren, wo ich vor knapp drei Jahrzehnten in Berlin angekommen war. Gedächtniskirche, Olivaer Platz, die eingemauerten Cadillacs zogen an mir vorbei. Nur eben nicht mehr vom Nachtbus aus gesehen. Manchmal musste ich grinsen, und manchmal mein Augen hinter der Hand verbergen. Gut gestimmt kam ich in meiner Wohnung an.

Auf dem Anrufbeantworter fand ich eine Nachricht von der Begleiterin in Schwarz. „War mies von uns, Dich auszubooten. Nächsten Sonnabend essen bei mir?“

Auf jeden Fall Grund genug, die App nicht zu löschen.

Limousinen mit Fahrer kann man per App oder im Internet buchen. Es gibt verschiedene Anbieter mit ähnlichen Preisen. Bei Uber beträgt der Grundpreis 4,50 Euro. Dazu kommen 1,80 pro Kilometer oder 55 Cent pro Minute Standzeit, www.uber.com. Bei MyDriver wird per Kilometer abgerechnet wie beim Taxi. Eine Fahrt von Wilmersdorf nach Neukölln kostet etwa 25 Euro in einem 5er-BMW, mydriver.com. Ein wenig teurer ist es bei Blacklane, hier kostet dieselbe Strecke gut 30 Euro, www.blacklane.com. Wagen können auch pro Stunde gemietet werden. Für Routen vom Hotel bis zum Flughafen gibt es in der Regel Flatrates, die ungefähr dem Fahrpreis mit dem Taxi entsprechen.

Knud Kohr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false