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Mit Tempo 89 über den Radweg: Wie konnte es zum Horror-Unfall auf der Leipziger Straße kommen?
Mehr als ein Jahr nach dem tödlichen Unfall auf der Leipziger Straße muss sich ein 84-Jähriger ab Mittwoch wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Bei dem Crash starben eine Frau und ihr vierjähriges Kind.
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Bilder des Schreckens auf der Leipziger Straße. Ein zerstörter Buggy-Kinderwagen mitten auf der Fahrbahn, einige Meter entfernt Autowracks. Eine Mutter und ihr vierjähriger Junge starben bei dem Horror-Unfall am 9. März vergangenen Jahres. Ein Autofahrer befuhr laut Anklage den Radweg und habe sie mit 89 Kilometern pro Stunde erfasst – fast dem Dreifachen des dort erlaubten Tempos. Nun kommt der mutmaßliche Raser auf die Anklagebank.
Peter R., inzwischen 84 Jahre alt, muss sich ab Mittwoch wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen sowie fahrlässiger Körperverletzung in fünf Fällen vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten. Nebenkläger ist ein Mann aus Belgien. Doch Gregory D., der an jenem Sonnabend seine 41 Jahre alte Lebensgefährtin Emeline C. und den gemeinsamen Sohn Guy verlor, wird nicht persönlich zum Prozess erscheinen. Ihm fehle die Kraft, hieß es.
Über 70 Kilometer pro Stunde
Wie konnte es zu dem Unfall kommen? Was ging in Peter R. vor? Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, „vorsätzlich grob verkehrswidrig und rücksichtslos falsch überholt zu haben“. Um 10.02 Uhr sei er mit seinem Ford Mondeo auf der Tempo-30-Strecke mit einer Geschwindigkeit von etwa 70 bis 90 Kilometer pro Stunde zunächst auf die Busspur gefahren.

© Rita Boettcher
Die Familie aus Belgien wollte die Straße überqueren. Der Verkehr in Richtung Potsdamer Platz staute sich. Eine Gefahr schien nicht in Sicht. Doch dann raste ein Auto heran. Beim Passieren der „Mall of Berlin“ soll R. auf dem dort markierten Radweg geradeaus weitergefahren sein, er habe im Stau stehende Fahrzeuge überholt. Dann erfasste er die Mutter und ihren im Buggy sitzenden Jungen frontal.
Emeline C. und ihr Sohn erlitten schwerste Verletzungen. Sie starben wenig später. Gregory D. und die Schwester der 41-Jährigen als Augenzeugen erlitten einen Schock. Der Ford kollidierte noch mit einem Skoda und zuletzt mit einem Pfeiler.

© dpa/Christophe Gateau
Auch R. kam in ein Krankenhaus. Dort soll er angegeben haben, er könne sich nicht an den Unfall erinnern. Er wisse nur noch, dass sein Auto schneller geworden sei, er dann falsch herum gestanden habe. Ein Alkoholtest fiel negativ aus. Seinen Führerschein habe der Mann aus Charlottenburg, der bislang nicht vorbestraft ist und auch keine Eintragungen im sogenannten Fahreignungsregister in Flensburg hat, nach dem Crash freiwillig abgegeben.
Laut einem Gutachten wäre die tödliche Kollision vermeidbar gewesen, wenn der Autofahrer die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h eingehalten hätte. Es wäre ihm dann möglich gewesen, rechtzeitig auf die Fußgänger zu reagieren und zu bremsen. Drei Prozesstage bis zum 27. Juni sind terminiert.
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