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Der angeklagte Bruder von Maryam H. gab am Mittwoch zu, die junge Frau getötet zu haben.

© dpa / Jörg Carstensen

Update

Frauenleiche im Rollkoffer transportiert: Bruder von Maryam H. gesteht Tötung vor Gericht in Berlin

Im Prozess um den Mord an Maryam H. hat einer der Brüder die Tötung zugegeben. Er habe aber nicht vorgehabt, seine Schwester zu töten, sagte er.

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Die beiden Brüder saßen auch am 30. Verhandlungstag still und eher unscheinbar nebeneinander. Sie sollen ihre Schwester Maryam H. ermordet und die Leiche dann in einem Rollkoffer per Zug nach Bayern gebracht haben. Sechs Monate lang haben Sayed Yousuf H. und Seyed Mahdi H. – 27 und 23 Jahre alt – vor dem Landgericht geschwiegen. Am Mittwoch überraschte der ältere Bruder mit einer Erklärung und gab die Tötung zu. Dabei beteuerte er, dass es nicht Absicht gewesen sei. Die Anklage dagegen geht von Mord aus.

Es sei in einem heftigen Streit um Geld für die Familie in Afghanistan geschehen. „Ich wollte unbedingt, dass meine ganze Familie hierher kommt“, ließ Yousuf H. seinen Anwalt verlesen. Seine Schwester Maryam aber habe nicht gewollt, dass auch die Eltern nach Deutschland kommen. „Sie sagte, dass ihr die Eltern egal seien, dass sie nicht für uns gesorgt und uns nicht in die Schule geschickt hätten.“

Was seine Schwester sagte, habe ihn wütend und zornig gemacht – „ich fand das respektlos, ungerecht“. Er habe sie gepackt – „ich rangelte mit ihr und nahm ihren Kopf unter meinen Arm“. Sein Arm habe an ihren Hals gedrückt. Er sei so in Wut geraten, „dass ich fest den Hals zudrückte“. Als Kinder hätten sie oft so gekämpft und nichts Schlimmes sei passiert. „Ich bereue meine Wut, die zu der Verletzung und schließlich zum Tod meiner Schwester geführt hat, aufrichtig“, erklärte H.

Ich rangelte mit ihr und nahm ihren Kopf unter meinen Arm.

Yousuf H.’s Anwalt, der eine Erklärung seines Mandanten verlas.

Ein Totschlag oder eine Körperverletzung mit Todesfolge? Die Staatsanwaltschaft geht von einem gemeinschaftlichen Mord aus niedrigen Beweggründen aus. Sie hätten die 34-Jährige getötet, weil „die teilweise moderne Lebensführung“ ihrer geschiedenen Schwester nicht ihren Moralvorstellungen entsprochen habe. Sie habe sich Anweisungen ihrer Brüder widersetzt und eine Liebesbeziehung geführt, obwohl sie ihr den Kontakt zu dem Mann verboten hatten, heißt es in der Anklage. Die Brüder sollen ihre ältere Schwester kontrolliert, beschimpft, auch geschlagen haben. Der Sohn von Maryam H. sagte später Ermittlern, seine Mutter sei geknechtet worden.

Yousuf H. und Mahdi H. sollen die zweifache Mutter am 13. Juli 2021 unter einem Vorwand aus dem Haus gelockt haben. Sie hätten einen Wohnungsvermittler, der ihr bei der Suche helfen könnte. Vor 16.30 Uhr sollen sie Maryam H. laut Anklage gedrosselt, gewürgt, ihr schließlich die Kehle durchgeschnitten haben. In einem Rollkoffer hätten sie die Leiche nach Bayern gebracht und nahe dem Wohnort des älteren Bruders verscharrt.

Maryam H. war als 16-Jährige in Afghanistan zwangsverheiratet worden

Maryam H. war als 16-Jährige in Afghanistan zwangsverheiratet worden. 2018 ließ sie sich scheiden – drei Jahre zuvor war sie von Afghanistan nach Deutschland gekommen. Zuletzt lebte sie mit ihren beiden Kindern in einem Flüchtlingswohnheim in Alt-Hohenschönhausen.

Er habe sich am 13. Juli 2021 mit seiner Schwester getroffen, um ihr bei der Suche nach einer Wohnung zu helfen, erklärte Yousuf H. weiter. Zuvor habe er 400 Euro nach Afghanistan an seine Familie geschickt. Ziel seien 5000 Euro gewesen. An jenem Dienstag hätten er und Maryam zunächst einen Koffer gekauft. Sie seien dann zur Wohnung von Mahdi H. gefahren. In seinem Zimmer sei es zum Streit um weiteres Geld für die Eltern gekommen.

In der Wohnung hatten Ermittler keine Hinweise auf eine Bluttat gefunden. An der Leiche allerdings wurde an einem Fetzen eines Gummihandschuhs DNA von Mahdi H. sichergestellt. Wichtiges Indiz ist ein Video, das die Brüder mit großem Koffer am Bahnhof Südkreuz zeigt.

Der ältere Bruder übernahm nun alleinige Verantwortung. Seine Version: Mahdi sei erst in das Zimmer gekommen, als die Schwester bereits am Boden lag. Sein Bruder habe einen Arzt rufen wollen – „ich verbot es“. Er allein habe bereits vor dem Erscheinen von Mahdi „einmal den Hals geschnitten“, damit die Leiche in den Koffer passe. Er habe von Mahdi Klebeband verlangt – „er zog Gummihandschuhe an“. Fortsetzung: 12. September.

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