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Nur mal so 'ne Frage: Wie wär's, wenn man seinen eigenen Dreck auch selbst entfernt?

© dpa

Silvesterdreck: Müllt Berlin nicht ständig zu!

Bernd Matthies wundert sich über bierkastengroße Papp-Abschussrampen und Weihnachtsbäume, die auf Radwege geworfen werden. Und so fragt er sich: Kann man seinen Silvesterdreck nicht einfach selbst wegfegen?

Eine der philosophisch tiefsten Berliner Weisheiten ist eigentlich eine rhetorische Frage. Sie lautet: „Wofür zahl ick denn meene Steuern?“ Darin liegt alles, was den Hauptstädter und seine innere Haltung seit jeher bestimmt hat, vor allem die glasklare Trennung zwischen Ihr-da-oben und Wir-da-unten. Setzen wir für „Steuern“ alternativ noch „Gebühren“ ein, ist das Bild komplett. Der Staat kostet uns Geld, und sei es auch nur die Mehrwertsteuer, und damit meinen wir quasi eine Flatrate gebucht zu haben für alle miesen Angewohnheiten, die es so gibt.

Hundekot, zum Beispiel. Wer jemals einen womöglich nichtsteuerzahlenden Hundebesitzer neben dem Haufen sagen hörte: „Wofür zahlen wir denn die janze Hundesteuer?“, der erst hat die komplette Struktur der Argumentation begriffen.

Nach dem Baller-Blitzkrieg bleibt der Silvestermüll liegen

Eine der miesesten Angewohnheiten lässt sich alljährlich am Berliner Neujahrstag bewundern: Es ist die Angewohnheit, nach vollzogenem Baller-Blitzkrieg den Dreck an Ort und Stelle liegenzulassen. An großen Innenstadt-Kreuzungen, wo sich die Stadtreinigung dann sehr schnell müht, alles verschwinden zu lassen, und in den Außenbezirken, wo es naturgemäß länger dauert.

Seit die bösen Geister zwingend aus bierkastengroßen Papp-Abschussrampen bekämpft werden, ist alles noch schlimmer geworden. Die Silvesternacht ist gewissermaßen die institutionalisierte Winter-Version der Grillfete im sommerlichen Park. Auch dabei kommen schätzungsweise 99 Prozent der Feiernden nicht mal auf die Idee, ihren Müll wieder mitzunehmen. Die Behälter sind voll? Pech für die Behälter. Beim Silvesterknallen gibt es noch nicht einmal Behälter – aber ist das ein Grund, die Stadt so aussehen zu lassen, wie sie noch jetzt, eine Woche später, aussieht?

Es ist die Haltung dahinter, die Berlin in unangenehmer Weise von anderen, besser gepflegten Gemeinwesen abhebt. Sie betrifft nicht nur das Liegenlassen, sondern auch das Ignorieren: Was schert mich der Dreck anderer vor meiner Gartentür? Selbst den Besen nehmen und Ordnung schaffen, ohne lange übers Verursacherprinzip zu rechten? Wär ja noch schöner. Das Bewusstsein, dass die Optik einer Großstadt in der Verantwortung aller ihrer Bewohner liegt, ist hier entschieden weniger ausgeprägt, obwohl es um Rückstände geht, die sicher auch der verbohrteste Anti-Spießer unschön findet. Aber: Wofür zahl ick...?

Noch ein kleiner Hinweis: Es ist durchaus möglich, Weihnachtsbäume nicht schon Tage und Wochen vor der Abholung auf Geh- und Radwege zu werfen; die Termine erfährt jeder, der in der Lage ist, eine Zeitung oder Website sachgemäß zu öffnen. Es hilft allen. Selbst, wenn die Gebühren schon bezahlt sind...

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