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Einsames Gebet in einer Moschee.

© Imago

Muslime im Fastenmonat: Ramadan in Flüchtlingsheimen und Schulen in Berlin

Dieses Jahr fasten Muslime besonders lang. Und nicht nur für sie ändert sich im Ramadan manches. Özcan Mutlu würde gerne mit Angela Merkel das Fasten brechen.

Kein Essen, keine Flüssigkeit, kein Sex. Von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang, und das im Juni, dem Monat der Sommersonnenwende, in dem die Tage am längsten sind. Am Montag begann der Fastenmonat Ramadan für 1,6 Milliarden Muslime weltweit, davon etwa 350 000 in Berlin. „Es geht um Dankbarkeit, es geht darum, den Herrschaftsanspruch Gottes zu verstehen“, sagt Ender Cetin, Vorsitzender des Moscheevereins der Sehitlik-Moschee in Neukölln.

Die ersten und die letzten Tage seien schwer, da helfe es, gemeinsam in der Moschee zu fasten. „Während des Ramadan werden die Sinne geschärft und sogar die Träume sind intensiver“, erzählt Cetin.

„Ihr, die ihr glaubt, euch ist das Fasten vorgeschrieben, wie es denen vorgeschrieben war, die vor euch waren, damit ihr vielleicht gottesfürchtig werdet“, heißt es im Koranvers 2:183. Auch der Prophet Mohamed habe gefastet. Bei Temperaturen um die 25 Grad und 17 Stunden zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang ist das aber keine einfache Sache – auch für jene, die nicht fasten.

Fasten im Flüchtlingsheim

In der Flüchtlingsunterkunft im Hangar 1 des ehemaligen Flughafens Tempelhof fastet die Mehrzahl der Bewohner. Hier haben die Mitarbeiter einen eigenen Bereich zum Beten und Essen während des Ramadan eingerichtet und die Essenszeiten geändert. Frühstück gibt es von 1.30 Uhr bis 2.30 Uhr, Abendessen von 21.30 bis 23.30 Uhr. Eine Herausforderung für das Personal. Anstatt wie sonst bis 19 Uhr sind die Sozialarbeiter im Ramadan bis Mitternacht in den Unterkünften. Das Cateringpersonal muss ebenso aufgestockt werden, um die zusätzlichen Essenszeiten abzudecken.

Die Gerichte bleiben dieselben, für das Fastenbrechen werden jedoch Datteln und Wasser bereitgestellt, nach dem Vorbild Mohameds. Für die Bewohner, die nicht fasten, ändert sich nichts.

„Der Ramadan: Fasten trotz Mathe-Klausur“ heißt eine Handreichung für Schulen der Senatsbildungsverwaltung. „Grundsätzlich darf das Fasten nicht als Entschuldigung für Regel- und Pflichtverletzungen im Schulalltag herhalten“, heißt es dort. Dennoch ändert sich auch für Lehrer der Unterricht, wenn ihre Schüler fasten.

Denn Konzentrationsschwächen kommen vor, sagt Nuri Kiefer. Er leitet die Gemeinschaftsschule Campus Hannah Höch im Märkischen Viertel. Der Sportmediziner Karsten Holland erklärt zwar, vor schlimmen körperlichen Mangelerscheinungen brauche man sich nicht zu fürchten: „Da eine Nahrungsaufnahme nach Sonnenuntergang ja erlaubt ist, treten Mangelerscheinungen kaum auf.“

Problematisch werde es aber gerade im Zusammenhang mit Sport – auch weil durch mangelnde Konzentration die Unfallgefahr steigt.

Kein Ramadan für Kinder

Auch Schulfeste oder Klassenfahrten werden nicht in den Ramadan gelegt, sagt Manuela Hinz-Schiemann von der Schule am Schillerpark in Wedding. „Dann geht ja keiner hin.“ Mehr als zwei Drittel der Schüler sind Muslime und die meisten davon fasten.

Vor allem beim Sport müssen häufig Schüler verarztet werden, weil sie Kreislaufprobleme bekommen. „Da fallen viele um“, sagt Hinz-Schiemann. Aber auch sonst im Unterricht oder auf dem Pausenhof seien die Jugendlichen in der Fastenzeit oft dünnhäutig und schneller genervt.

Nach gängiger Meinung müssen Kinder vor der Pubertät eigentlich noch nicht fasten. Es gibt aber auch andere Ansichten. Manche glauben, die Kinder lernten dadurch schon früh, geduldig zu sein, reiner zu leben und Gott nahe zu sein. Durch die eigene Enthaltsamkeit sollen schon die jungen Menschen auch die Not der Armen würdigen und das Helfen als wichtiges Gut erlernen. Fasten soll nur, wer dies ohne gesundheitliche Schäden tun kann.

Voraussichtlich am 4. Juli endet der Ramadan mit dem Zuckerfest, dem Eid Al Fitr. Muslimische Schüler können einen schulfreien Tag beantragen und auch im Flüchtlingsheim in Tempelhof wird es eine Feier geben. Auch während des Ramadan findet an vielen Orten in Berlin ein gemeinsames Fastenbrechen, statt, Iftar genannt. Etwa am Leopoldplatz in Wedding. Am 22. Juni kommen hier Menschen verschiedener Religionen zum gemeinsames Fastenbrechen vor der Alten Nazarethkirche zusammen.

Özcan Mutlu möchte zum Fastenbrechen zu Angela Merkel

„Es wird zu wenig beachtet, dass der Ramadan ein Fest der Versöhnung ist“, sagt der Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu. Einer Reinigung der Seele folge das gemeinsame Essen. „Ich habe eine Einladung des Botschafters von Israel zum gemeinsamen Fastenbrechen. Das ist eine unglaubliche Geste“, erklärt der Grünenpolitiker.

Auch der US-Präsident veranstaltet jährlich ein gemeinsames Iftar. Mutlu wartet noch auf eine Einladung ins Kanzleramt. Er selbst ist zwar Alevit und fastet darum nicht, aber: "es reicht nicht, nur zu sagen, der Islam gehört zu Deutschland.“

Angela Merkel bei Datteln und Wasser. Vielleicht beim nächsten Ramadan.

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