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Er hatte 44 Jahre die Hosen an. City-Jeans-Chef Henryk Berler.

© Vincent Schlenner

Berliner Einzelhandel: Nach 44 Jahren ist Schluss bei „City Jeans“

Henryk Berlers Jeanshandlung war eine Größe in der Stadt, denn dort gab es Designermode. Jetzt schließt der Chef sein Stammgeschäft nahe dem Kurfürstendamm.

In der Modebranche sei er „ein Dinosaurier“, scherzt Henryk Berler. Vor 44 Jahren hat er „City Jeans“ in der Charlottenburger Bleibtreustraße 34-35 nahe dem Kurfürstendamm gegründet – und dort endet die Firmengeschichte jetzt auch, nachdem es zwischenzeitlich bis zu elf Läden in Berlin und München gegeben hatte.

Mit 67 Jahren habe er einfach „keine Lust mehr“, sagt der Unternehmer. Außerdem habe der Laden zuletzt keinen Gewinn mehr gemacht – im Gegensatz zu seiner erfolgreichen Immobilienfirma, auf die er sich nun konzentriert.

City Jeans ist nicht irgendein Modegeschäft: Vor ein paar Jahren bewarb man sich selbstbewusst als „Kultladen“. Das untere Ende des Sortiments markiert das klassische Jeansmodell Levi’s 501, der Rest ist Designerware in vielen Farben und Mustern – darunter nicht nur Hosen, sondern auch Oberbekleidung.

Inzwischen läuft der Räumungsverkauf; möglicherweise macht der Laden noch vor dem geplanten Schließungstermin Ende Dezember zu, denn die Regale leeren sich schneller als erwartet. Oft werde er von Stammkunden gefragt, wo sie künftig ähnlich einkaufen könnten, erzählt der Chef – er empfiehlt nur das KaDeWe und Peek & Cloppenburg. Modeketten wie H&M oder Zara seien nie die Konkurrenz gewesen und mit City Jeans so wenig vergleichbar „wie ein Steak mit einem Kotelett“, stellt eine Mitarbeiterin klar.

Designerstücke. City Jeans war kein Geschäft für Schnäppchenjäger. Solche Läden betrieb Berler allerdings auch – sie hießen „Nice Price“.
Designerstücke. City Jeans war kein Geschäft für Schnäppchenjäger. Solche Läden betrieb Berler allerdings auch – sie hießen „Nice Price“.

© Vincent Schlenner

In den 80er Jahren war der Laden beliebt unter damaligen „Poppern“ – jungen Leuten, die sich mit edler Casualmode von anderen abheben wollten. Ältere Kunden, die seit einiger Zeit die Mehrzahl der Käufer bilden, fuhren schon mal in Luxuslimousinen vor. Laut Berler kauften vor ein paar Jahren auch Spieler der deutschen Fußballnationalmannschaft bei ihm ein. Michael Ballack habe sich während seiner Zeit beim FC Chelsea sogar Jeans nach London schicken lassen.

Oft dienten die Räume als Kulisse für Fernsehserien. In den 80er Jahren wurde zum Beispiel für „Ich heirate eine Familie“ gedreht, denn in einer Folge eröffnete die von Julia Biedermann gespielte Tanja einen Jeansladen.

Berler wurde im einstigen Oberschlesien geboren, auch sein Vater war Textilkaufmann. Einen Laden zu gründen, erschien ihm als junger Mann als „das Einzige, was ich konnte“. Die Entscheidung erwies sich schnell als richtig. Schon nach eineinhalb Jahren hatte Berler genug Geld, um sich das erste Haus zu kaufen – damit begann seine Karriere in der Immobilienbranche. Gerade hat er Wohn- und Geschäftshäuser in Zehlendorf errichtet, ein weiteres ist in Adlershof im Bau.

Die Filialen von City Jeans und seinem Jeansdiscount „Nice Price“ hat Berler nach und nach geschlossen – teils aus wirtschaftlichen Gründen, vor allem aber, weil ihm die Geschäftsführung zu anstrengend wurde. Seine 14- und 19-jährigen Töchter wollen den Laden nicht übernehmen, erzählt er. „Und ich warne sie ja auch vor dem Textileinzelhandel.“ Für Mittelständler sei der Markt viel schwieriger geworden.

Allein in der Bleibtreustraße gab es mal elf Mitarbeiter. Jetzt sind es noch drei, die sich keine Sorgen um ihre Zukunft machen. Ein langjähriger Beschäftigter will in seine türkische Heimat zurückkehren, während zwei Verkäuferinnen bei Berler bleiben – er übernimmt sie in seine Immobilienfirma.

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