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Nach Angriff auf Schöffen vor Berliner Gerichtssaal : Querdenker-„Friedenspianist“ Arne Schmitt kommt frei
Der Verschwörungsideologe Arne Schmitt saß seit einem Angriff auf einen Schöffen in Untersuchungshaft. Die Justiz ließ sich lange von ihm vorführen. Jetzt kam er vorerst frei. Beendet ist das Verfahren noch nicht.
Stand:
Arne Schmitt ist vorerst ein freier Mann. Der selbsterklärte „Friedenspianist“ der Berliner Querdenker-Szene konnte am Freitagmorgen die Untersuchungshaft verlassen. Seit Anfang September hatte er in der Justizvollzuganstalt Moabit eingesessen: Er war im Gerichtssaal verhaftet worden, nach dem er einen Schöffen körperlich attackiert hatte.
Zuvor hatte er monatelang die Justiz beschäftigt: In einem Berufungsverfahren gegen ein Urteil wegen Landfriedensbruchs verteidigte er sich die meisten der 14 Verhandlungstage mit Fantasiejura selbst. Ende September akzeptierte Schmitt dann plötzlich auf Anraten seiner Anwälte das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Tiergarten: 70 Tagessätze zu je 15 Euro.
Vorläufiger Tiefpunkt der Justiz-Posse: Ende August versuchte Schmitt eigenmächtig einen Schöffen festzunehmen. Während er den Schöffen und die ihn begleitenden Justizbeamten anging, rief Schmitt die Polizei an, um Anzeige gegen den Schöffen zu stellen. Die Situation ist auf Video festgehalten.
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Die Staatsanwaltschaft ermittelte zunächst wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamten gleichgestellte Personen, Nötigung, Vortäuschens einer Straftat und falscher Verdächtigung. Am Freitag dann die erneute Wende: Das Delikt sei auf „versuchte Nötigung“ heruntergestuft worden, sagte Schmitts Anwalt Mirko Röder dem Tagesspiegel.
Der Schöffe sei bereits außerhalb des Gerichtes und deswegen nicht mehr in dienstlicher Angelegenheit unterwegs gewesen, sagte Röder. „Außerdem hat eine wesentliche Rolle gespielt, dass Herr Schmitt sich vor Gericht bei dem Schöffen entschuldigt und dass dieser die Entschuldigung auch angenommen hat.“
Ich war energetisch sauer.
So begründete Arne Schmitt den Angriff auf den Schöffen.
Tatsächlich hatte Schmitt sich am letzten Verhandlungstag an den Schöffen gewandt: „Diese Aktion mit Ihnen, die war nicht gut.“ Er sei „energetisch sauer“ gewesen, die Emotionen seien mit ihm durchgegangen, sagte er.
Schmitt war während der Coronapandemie ein bekanntes Gesicht der Szene der Maßnahmengegner und bei zahlreichen Demos der „Querdenken“-Bewegung dabei – samt Piano auf Rädern. Mehrfach stand er in Berlin vor Gericht, etwa wegen Angriffs auf Polizisten bei Demos gegen die Corona-Maßnahmen. Die Behörden rechnen ihn der Szene der „Delegitimierer des Staates“ zu.
Vor dem Landgericht ging es um einen Landfriedensbruch mittels des erwähnten Pianos: Am 21. April 2021 habe Schmitt bei einer Querdenken-Demo auf der Straße des 17. Juni das Piano auf eine Polizeikette zugesteuert und versucht, diese zu durchbrechen, so der Vorwurf. Die Beamten stoppten es, es kam zu einem Gerangel, Demoteilnehmende attackierten Beamte.
In Untersuchungshaft kam Schmitt nach der Attacke auf den Schöffen wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr: Er hat keinen festen Wohnsitz, wollte offenbar das Gericht mit Gewalt beeinflussen. Wann in der Sache das Urteil fällt, bleibt zunächst unklar. Die Hauptverhandlung wurde auf Anfang des kommenden Jahres terminiert. Vorerst wird Schmitt also weiter die Berliner Justiz beschäftigen.
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