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Latife Arab (Symbolbild).

© Unsplash/Molly Blackbird

Nach Zweifeln an Identität von Berliner Clan-Aussteigerin: Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen zu mutmaßlichem Angriff auf Latife Arab ein

Latife Arab schrieb ein Buch über ihren Ausstieg aus einer kriminellen Großfamilie. Im März stoppte der Verlag die Auslieferung – jetzt wurden Ermittlungen zu einem von ihr behaupteten Überfall eingestellt.

Stand:

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen zu einem mutmaßlichen Überfall auf eine als Clan-Aussteigerin bekannt gewordene Autorin beendet. Das Verfahren wurde „mangels hinreichenden Tatverdachts“ eingestellt, wie ein Sprecher der Behörde mitteilte. Zuvor hatte der RBB berichtet. Die Anwälte der Betroffenen wollen in Ruhe prüfen, ob sie gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Beschwerde einreichen, wie der Sprecher der Autorin, Thomas Ganz, erklärte.

Die Frau mit dem Pseudonym Latife Arab hatte angegeben, im September 2024 in der Nähe des S-Bahnhofs Wuhletal zusammgenschlagen und mit Benzin übergossen worden zu sein. Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelte wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdeliktes. Nun erklärte der Behördensprecher: „Die durchgeführten Ermittlungen führten nicht zur Namhaftmachung eines oder mehrerer Beschuldigter.“ Darum sei das Verfahren einzustellen.

„Eine abschließende Klärung der Frage, ob sich die durch die Zeugin angegebenen Tat tatsächlich ereignet hat, war im Verlauf der umfangreichen Ermittlungen nicht möglich“, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Da ein Übergriff aber auch nicht ausgeschlossen werden könne, gebe es keine Ermittlungen gegen die Frau. Zugleich hieß es, im Rahmen der Ermittlungen habe es keine Bestätigung für die genannten familiären Verbindungen gegeben.

Laut Staatsanwalt sei Latife Arab in den vergangenen Monaten mehrfach polizeilich vernommen worden. Eine Vernehmung durch eine Ermittlungsrichterin habe aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen werden müssen.

Polizei und Staatsanwaltschaft hatten im Laufe der Ermittlungen unter anderem eine Durchsuchung durchgeführt und forensische Gutachten in Auftrag gegeben. Auch das Waldstück nahe dem S-Bahnhof Wuhletal wurde mit Hunden und Einsatzkräften abgesucht, um Spuren von möglichen Tatbeteiligten sicherzustellen.

Autorin schilderte Ausstieg aus kriminellen Clan im Ruhrgebiet

Die Frau hatte im März 2024 ein Buch über ihren angeblich schon länger zurückliegenden Ausstieg aus einer gewalttätigen Großfamilie veröffentlicht. Dabei schilderte sie kriminelle Geschäfte eines früheren Clans im Ruhrgebiet mit Drogenhandel, Diebstählen, Überfällen, Menschenhandel, Schutzgelderpressung und Sozialhilfebetrug.

Über die Autorin hatten viele Medien, darunter auch die dpa, berichtet. Später war in Medienberichten der Wahrheitsgehalt des Buchs in Zweifel gezogen worden. Rund ein Jahr nach Veröffentlichung stoppte der Heyne Verlag im März wegen Zweifeln an der Identität der Autorin die Auslieferung des Buches „Ein Leben zählt nichts – als Frau im arabischen Clan“.

Der Anwalt der Frau erklärte damals, seine Mandantin sei „überrascht über die Schritte des Verlages, nachdem das Buch schon sehr lange Zeit und erfolgreich auf dem Markt“ sei. Seine Mandantin habe erhebliches Leid in ihrer Familie erlitten, teilte Dominik Höch auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur damals mit. Mit dem Buch habe sie die Öffentlichkeit aufmerksam machen wollen auf diese Situation von Frauen in solchen Familien.

Man sei über die Einstellung nicht verwundert und habe damit gerechnet, teilte Thomas Ganz nun im Namen der Autorin und ihres Anwalts mit. „Im Milieu Clankriminalität treffen die Ermittler fast immer auf eine Mauer des Schweigens.“ Bei der Straftat handelte es sich laut Ganz „zweifelsfrei um eine Straftat im Milieu der Clankriminalität.“ 

Opfer derartiger Straftaten könnten durch den deutschen Rechtsstaat nach Darstellung von Ganz nicht umfassend geschützt werden. „Deshalb bitten wir um Verständnis dafür, dass sich ein Opfer wie in diesem Falle Frau Arab, hier zurückhaltend bei der Aufklärung der von ihr angezeigten Straftat verhalten hat“, so Ganz.

Der Begriff Clankriminalität ist umstritten, weil er nach Ansicht von Kritikern Menschen mit Migrationshintergrund allein aufgrund ihrer Familienzugehörigkeit und Herkunft stigmatisiert und diskriminiert. (dpa, Tsp)

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