
© Frank Bachner
Spendenaktion „Menschen helfen!“: HIV-Hilfeverein braucht Geld für Notunterkunft
Gegen Scham und Stigma: KIK e.V. betreut Frauen und Kinder, die mit dem HI-Virus infiziert sind. Das Projekt bittet die Tagesspiegel-Leser um Spenden für seine Notunterkunft, das Büro sowie Kleidung und Spielzeug.
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Bei der 32. Tagesspiegel-Weihnachtsaktion „Menschen helfen!“ 2024/25 sammelt der Spendenverein für 52 soziale Initiativen. In unserer Spendenserie bis zum neuen Jahr stellen wir einige Projekte stellvertretend vor. Heute: der Verein KIK Berlin für Mütter und Kinder mit HIV – und gegen Männergewalt.
Da ist der Fall dieser Familie aus Burkina Faso. Mutter und Vater sind HIV-positiv, der jugendliche Sohn hat das HI-Virus ebenfalls im Körper. Sie leben in einer Flüchtlingsunterkunft, der Sohn ist emotional überfordert – und nimmt zeitweise seine Tabletten nicht. Er weiß auch nicht, dass sein Vater ebenfalls HIV-positiv ist, die Eltern reden nicht über das Thema, es ist zu schambesetzt. So aber steigern sich die innerfamiliären Probleme. „Diese Familie beschäftigt uns seit vier Jahren“, sagt Mechthild Vocks-Hauck (siehe Foto oben). Psychische Stabilisierung, Beratung, Behördenkontakte, das ganze Programm.
Sozialer und emotionaler Rettungsanker
Die Kinderärztin Vocks-Hauck sitzt in ihrer Praxis in Wilmersdorf, sie leitet den Verein „Kuratorium für Immunschwäche bei Kindern“ Berlin, kurz KIK. Hinter dem eher technischen Begriff verbirgt sich ein sozialer und emotionaler Rettungsanker für Menschen, die mit einem Problem belastet sind, das Vielen immer noch fast als Tabu gilt: HIV, Aids.
Menschen, die das Virus haben, leiden überdurchschnittlich an Depressionen, Essstörungen, Drogenproblemen, nicht selten sind sie schwer traumatisiert. Und für viele Mütter verschärft sich die Situation noch extrem: „Viele dieser Frauen haben Gewalterfahrung in der eigenen Familie“, sagt Mechthild Vocks-Hauck.
150 Familien betreut KIK derzeit, 50 davon kommen aus Ländern der Subsahara, aus Ländern wie Kamerun oder Burkina Faso. In vielen Ländern von Subsahara-Afrika sei das Risiko für Frauen, positiv zu werden, hoch, sagt Mechthild Vocks-Hauck. KIK betreut aber auch Betroffene aus Europa oder Asien.
Die Hilfe ist breit gefächert. KIK bietet zum Beispiel eine Notunterkunft, gedacht für eine HIV-infizierte Frau mit Kindern, die sich kurzfristig von ihrem gewalttätigen Mann trennen will. Derzeit steht sie leer, und auch für diese Wohnung bittet KIK um Mittel aus der Tagesspiegel-Spendenaktion. Mit dem Geld sollen Miete, aber auch Ausstattung bezahlt werden. Zudem benötigt der Verein Geld für Büromiete und Erstversorgung mit Kleidern oder Spielzeug.
Viele Schulen tun sich schwer, so ein Kind aufzunehmen.
Mechthild Vocks-Hauck, Projektleiterin und Kinderärztin
Der Verein finanziert zudem Termine bei Rechtsanwälten, spricht mit den Kindern, vermittelt Sozialberatung, sucht Plätze in Frauenhäusern oder unterstützt bei der Wohnungssuche – etwa auch die Familie aus Burkina Faso.
Betroffene mit dem HI-Virus aus nicht-europäischen Ländern sind vor allem in Flüchtlingsunterkünften extrem stigmatisiert. Natürlich erzählen die Betroffenen nichts von ihren medizinischen Problemen, aber mitunter, sagt Mechthild Vocks-Hauck, sickere ja doch etwas durch.
KIK hilft aber auch bei schulischen Problemen. Fliegt ein HIV-infizierter Jugendlicher beispielsweise wegen disziplinarischen Fehlverhaltens von der Schule, dann, sagt Vocks-Hauck, „tun sich viele Schulen schwer, so ein Kind aufzunehmen“. Sofern sie wissen, dass der Schüler infiziert ist. Und das kann durchaus der Fall sein, es gebe ja durchaus Jugendliche, die von ihrer Immunschwäche erzählten, sagt die Kinderärztin. Die Ablehnung werde natürlich nicht mit HIV begründet, aber vorgeschobene Gründe gebe es genug.

© Frank Bachner
KIK klemmt sich dann hinter der Fall, ruft direkt Schulleiter an und bittet sie um Aufnahme des Betroffenen. „Oft klappt es“, sagt Mechthild Vocks-Hauck, „es gibt genügend Pädagogen, die sich für Benachteiligte einsetzen.“ Acht Schüler habe KIK auf diese Weise in einer neuen Schule untergebracht.
Sophie Hartmann (Name geändert) gehört auch zur Zielgruppe von KIK. Die 25-Jährige sitzt in der Praxis der Kinderärztin, sie ist Mutter eines Dreijährigen und HIV-positiv. Auch das Kind ist positiv, zum Glück aber ist der Virus bei Beiden nicht ausgebrochen. Sophie Hartmanns früherer Partner hat sie geschlagen, jahrelang, bis sie es nicht mehr ausgehalten hat. Sie hat sich getrennt, jetzt lebt sie mit ihrem Kind in Ruhe.
Aber sie hat immer noch das Problem mit der Stigmatisierung, wenn irgendjemand, auf welchen Wegen auch immer, von ihrer Immunschwäche erfährt. Sie träumt von einem ganz normalen Alltag. Ein Alltag, in dem ein Kind wie das ihre irgendwann mal völlig normal fragen wird: „Mama, was für Medikamente nimmst Du da?“
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