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Neue Speisepläne mit vegetarischen Gerichten: Firmen protestieren gegen Vergabe von Schulessen in Berlin
Etablierte Anbieter von Schulessen haben bei der aktuellen Ausschreibung den Kürzeren gezogen. Ein Geschäftsführer sieht sich zur Kündigung von 100 Mitarbeitern gezwungen. Er ist nicht allein.
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Mehrere Betriebe, die Berlins Schulen mit Essen versorgen, gehen jetzt gegen das Ergebnis der Ausschreibung für das nächste Schuljahr auf die Barrikaden. Ihr Vorwurf: Die Vergabe sei willkürlich erfolgt und bedrohe die Existenz zumindest kleinerer Betriebe, die sich wirtschaftlich auf diesen Geschäftsbereich konzentriert hätten. Die Firmen, die bei der Vergabe deutlich weniger Zuschläge erhalten hatten als bislang, haben bei der Vergabekammer Widerspruch eingelegt und erwägen Klagen beim Verwaltungsgericht.
Die Proteste richten sich vor allem dagegen, dass die Vergabe nicht aufgrund erbrachter oder künftig erwartbarer Leistungen erfolgt ist, sondern allein über einen von den Bewerbern vorgelegten Speiseplan mit 20 vegetarischen Gerichten – eine Neuerung im Verfahren. Diese Pläne wurden anonymisiert den Schulen vorgelegt. Kommissionen hatten dann zu entscheiden, was die Kinder davon voraussichtlich essen würden.
„Ich habe das von Anfang an Lotteriespiel genannt“, sagt Klaus Kühn, Geschäftsführer von „Drei Köche“, „ich kann nicht damit leben, dass eine Schule, mit der wir seit 15 Jahren zusammenarbeiten, überhaupt nicht erkennen konnte, wer der Anbieter ist“. Es gehe dabei nicht nur um das Essen, sondern über die lange eingespielten Leistungen darüber hinaus. Alle etablierten Anbieter hätten zum Teil massiv verloren. „Drei Köche“ sei nicht in Existenznot, könne aber eine eigens neu gebaute Großküche in Ludwigsfelde nicht in Betrieb nehmen, weil sich das nicht lohne.
Ein neuer Mitbewerber soll seine Produktion verzehnfachen
Aufsehen erregt hat unter den etablierten Betrieben, dass ein neues Unternehmen zum Zuge kommt, das nun aus dem Stand seine Produktion von schätzungsweise 5000 auf 50.000 Portionen verzehnfachen müsse. „Wir haben mal eine sofortige 15-prozentige Steigerung geschafft“, sagt Kühn, „daran sind wir fast gestorben, das war dann Arbeit 24/7.“
Ähnlich formuliert es Rolf Hoppe, der geschäftsführende Gesellschafter der „Luna Restaurant GmbH“. Er muss nun das gegenteilige Problem lösen, nämlich eine Schrumpfung von 50.000 auf 40.000 Portionen. Die Firma sei nicht gefährdet, sagt auch er, aber er werde voraussichtlich etwa hundert Mitarbeiter entlassen müssen, wenn das Vergabeergebnis bestätigt werde.
Und Hoppe äußert den Eindruck, dass sich der eine oder andere erfolgreiche Bewerber anders als seine Firma nicht genau an die ökotrophologisch präzise formulierten Vergaberichtlinien gehalten habe. Zudem sei die Anonymität der Speisepläne nicht vollständig gewährleistet gewesen. Für ihn sei offensichtlich, dass die gesamte Vergabe wiederholt werden müsse.
Einfach hinschmeißen? Das können die Firmen auch nicht. Denn sie wurden im Bewerbungsverfahren verpflichtet, alle Verträge anzunehmen, um die sie sich beworben haben – sonst drohen Vertragsstrafen.
Für Klaus Kühn ist klar: „Das alles ist für einen Kaufmann, der sein Unternehmenswachstum steuern muss, einfach nicht planbar“.
Die Schulverwaltung teilt dazu mit, man begleite und unterstützte den Vergabeprozess, die Ausschreibungen lägen aber in der Zuständigkeit der Bezirke. Zum weiteren Vorgehen habe man Stillschweigen vereinbart und könne deshalb keine weiteren Aussagen machen. Der Sprecher bestätigte, dass es mehrere Nachprüfungsverfahren gebe - das sei bei der letzten Ausschreibung ebenso gewesen. Sichergestellt sei aber, dass Essen auch in strittigen Fällen geliefert werden könne.
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