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In Berlin folgt auf den Strafzettel längst nicht immer eine Strafe.

© Ole Spata/dpa

Oft werden Fahrer nicht ermittelt: Berliner Polizei stellte 2024 fast eine Million Bußgeldverfahren ein

Eine halbe Million Bußgeldverfahren verjährten im vergangenen Jahr, weil die Fahrer nicht rechtzeitig ausfindig gemacht werden konnten. Dem Land Berlin gehen Millionen verloren.

Stand:

Dem Land Berlin gehen jedes Jahr zweistellige Millionenbeträge verloren, weil Bußgeldverfahren ergebnislos eingestellt werden. 2024 mussten allein 500.000 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingestellt werden, weil die Fahrer der entsprechenden Fahrzeuge nicht festgestellt werden konnten.

In Summe wurden von knapp vier Millionen Ordnungswidrigkeiten nur knapp drei Millionen tatsächlich geahndet. 926.243 der 3,827 Millionen Verfahren wurden eingestellt, die Hälfte davon wegen Unkenntnis der Fahrer. Zuerst hatte die „Berliner Morgenpost“ darüber berichtet.

Die Grünen-Verkehrsexpertin Antje Kapek, die die Zahlen gemeinsam mit dem Fraktionskollegen Vasili Franco erfragt hatte, bezeichnete die Einstellungsquote von rund 25 Prozent als „echten Skandal“. So werde den Autofahrenden das Gefühl vermittelt, „sie könnten machen, was sie wollen, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen“.

Bleibe es bei der hohen Quote eingestellter Verfahren, herrsche weiter „Anarchie auf den Straßen“ und es würden zehntausende Menschen im Verkehr verletzt oder getötet. 2024 verloren 55 Menschen im Berliner Straßenverkehr ihr Leben.

Kapek: Künftig sollen Halter haften

Für das Problem, dass bei einer Vielzahl von Verstößen die Fahrer nicht ermittelt werden können, hat Kapek eine Lösung: Künftig sollen die Halter der Fahrzeuge für Vergehen haften. So könnte die Einstellung der Verfahren verhindert und der Arbeitsaufwand in der chronisch überlasteten Bußgeldstelle reduziert werden.

Auch die Gewerkschaft der Polizei fordert die sogenannte Halterhaftung seit Jahren. Nach geltender Rechtslage müssen die Halter bei Verjährung lediglich die Verfahrenskosten, nicht aber die Bußgelder bezahlen.

3.826.953
Bußgeldverfahren wurden 2024 eröffnet.

Von den rund 3,8 Millionen Anzeigen im Jahr 2024 waren lediglich etwa 250.000 sogenannte Personenanzeigen. Die übrigen 3,55 Millionen Fälle waren sogenannte Kennzeichenanzeigen, etwa wegen Falschparkens. Wird kein Fahrer direkt angetroffen, muss dieser ermittelt werden. Das kostet Zeit und endet nicht selten mit der Verjährung, wenn der Bußgeldbescheid nicht innerhalb von drei Monaten zugestellt werden konnte.

Klar ist: Jeder nicht sanktionierte Fall kostet Berlin bares Geld. 2024 nahm die Bußgeldstelle 112,4 Millionen Euro ein. Im Jahr davor lag die Summe beinahe identisch bei 112,1 Millionen Euro. Überschlagsmäßig geht dem Land durch die nicht geahndeten Fälle eine Summe von bis zu 30 Millionen Euro verloren.

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