zum Hauptinhalt
Mehr als fünf Jahre nach einem fehlgeschlagenen Auftragsmord steht mit einem 34-Jährigen der mutmaßliche Drahtzieher vor Gericht.

© Hannes P. Albert/dpa

Update

Mafia-Boss oder Rufmord-Opfer?: Mutmaßlicher Banden-Chef des Balkan-Kartells steht in Berlin vor Gericht

Ein Serbe steht mehr als fünf Jahre nach einem fehlgeschlagenen Auftragsmord vor Gericht. Ermittler halten ihn für eine Führungsperson des Balkan-Kartells.

Stand:

In Handschellen sitzt Nikola V. auf der Anklagebank – verschärfte Sicherheitsvorkehrungen, denn der 34-Jährige gilt als Anführer eines mutmaßlichen Balkan-Mafia-Clans. Er wird von Ermittlern in Verbindung gebracht mit Organisierter Kriminalität, mit blutigen Rivalitäten, mit Morden. Europaweit wurde nach ihm gefahndet. Mehr als fünf Jahre nach einem fehlgeschlagenen Auftragsmord steht der Serbe seit Dienstag vor dem Berliner Landgericht. 

Ein graues Jackett zum weißen Hemd, ein freundliches Lächeln, noch eine Kusshand in Richtung von Bekannten auf den Zuhörerbänken. Dann hüllt sich der Angeklagte Nikola V., der als Chef der kriminellen Vracar-Gruppierung gilt, in Schweigen. 

Seine beiden Anwälte haben eine Verteidiger-Erklärung vorbereitet. Nikola V. wird darin als ein Opfer beschreiben, von einer „Rufmordkampagne“ in Serbien gegen ihn ist die Rede und von Chat-Nachrichten als Beweise, die möglicherweise manipuliert wurden. Der Vorwurf des versuchten, heimtückischen Mordes wird zurückgewiesen. 

Im Berliner Prozess geht es um Schüsse in Charlottenburg. V. soll den mutmaßlichen Anschlag auf ein Führungsmitglied eines anderen Balkan-Clans geplant und organisiert haben. Am 17. Februar 2020 hätten sich zwei Mittäter auf den Weg gemacht, um den Rivalen zu töten, so die Anklage. An der Schlüter-, Ecke Lietzenburger Straße seien zwei Schüsse gefallen. Dem Attackierten sei es gelungen, sich in einen Hauseingang zu retten. Der Mann soll allerdings zwei Wochen später in Montenegro bei der Explosion einer Autobombe ums Leben gekommen sein. 

Die Schüsse in Berlin waren zunächst unbemerkt geblieben. Erst mehr als eineinhalb Jahre später erfuhren die Behörden davon – es ging zurück auf die Auswertung von Nachrichten beim verschlüsselten Messengerdienst Sky ECC – dessen Kryptohandys waren bei Kriminellen beliebt und galten lange als sicher vor Ermittlern. Aus Sicht der Verteidiger sind die Chats, auf die sich die Anklage nun stützt, rechtswidrig erhoben.

Laut Staatsanwaltschaft führten gemeinsame Ermittlungen mit dem Bundeskriminalamt in Wiesbaden zur Festnahme von Nikola V. am 18. Oktober 2024 in Barcelona. Mitte März wurde er von Spanien ausgeliefert. Er gilt als eine Führungsfigur des Balkan-Kartells. Laut Behörden ist er unter anderem wegen der mutmaßlichen Beteiligung an acht Morden auch von Österreich, Kroatien, Montenegro und Serbien zur Fahndung ausgeschrieben. 

Was wir sagen können, ist, dass unser Mandant keinesfalls an der beabsichtigten Tötung eines Menschen beteiligt war.

Verteidiger von Nikola V. 

Es stehe nicht fest, dass es den in der Anklage beschriebenen Vorfall gegeben hat, erklären seine Verteidiger. „Was wir sagen können, ist, dass unser Mandant jedenfalls nicht auf die beschriebene Art und Weise kommuniziert hat und keinesfalls an der beabsichtigten Tötung eines Menschen beteiligt war.“

V. Sei nicht „Mafia-Boss“, als der er von der Staatsanwaltschaft dargestellt wird, so die Verteidiger. Er sei ein Mensch, der „in ein Netz aus politischen Intrigen und medialer Hysterie geraten ist“. Der 34-Jährige sei in Serbien „zur Zielscheibe einer regelrechten Rufmordkampagne geworden“. Sie würden sich um den Status internationalen Schutzes für Nikola V. bemühen, so die Anwälte. In Serbien würde ihr Mandant „keinen einzigen Tag überleben“. Der Prozess wird am 17. Juni mit ersten Zeugen fortgesetzt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })