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Das "Friedenauer Geisterhaus" in der Odenwald- Ecke Stubenrauchstraße 69 fällt langsam vor sich hin.

© Thilo Rückeis

Pankow ordnet Zwangssanierung an: Erstmals „Geisterhaus“ in Berlin beschlagnahmt

Etwa 70 Häuser stehen in Berlin seit Jahren leer. Das ist verboten - in Pankow greift das Bezirksamt deshalb nun zu drastischen Mitteln.

Von Christian Hönicke

Erstmals ist in Berlin ein sogenanntes "Geisterhaus" beschlagnahmt worden, um es wieder bewohnbar zu machen. Es geht um das Eckgebäude Smetanastraße 23/Meyerbeerstraße 78 im Komponistenviertel von Weißensee. Die 19 Wohnungen sind schon seit vielen Jahren unbewohnt. Das soll sich so schnell wie möglich ändern.

Das Bezirksamt Pankow beschlagnahmte das Mietshaus bereits im April 2019, um es wieder bewohnbar zu machen. Noch im ersten Halbjahr soll nun mit der Renovierung begonnen werden, sagt Pankows Baustadtrat Vollrad Kuhn (B'90/Grüne) auf Nachfrage. "Das Wohnungsamt rechnet damit, dass die Wohnungen noch 2020 wieder bewohnbar sein werden."

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In Berlin gibt es aktuell mehr als 70 "Geisterhäuser". Sie stehen leer und gelten als unbewohnbar, weil die Eigentümer sie vernachlässigen. Bekannte Fälle sind die Eckhäuser Hindenburgdamm/Gardeschützenweg in Lichterfelde und Odenwald-/Stubenrauchstraße in Friedenau. In Zeiten des Wohnungsmangels ist das der Politik ein Dorn im Auge. Seit Mai 2014 ist vorsätzlicher Leerstand sogar ein gesetzeswidrig und per Zweckentfremdungsgesetz ausdrücklich verboten.

Wie im Berliner Westen mit Geisterhäusern umgegangen wird

In Friedenau kritisieren Mitglieder der dortigen Bürgerinitiative seit Langem, dass das Bezirksamt zu zögerlich sei und zu wenig gegen den Verfall des leer stehenden Hauses unternimmt. Im vergangenen Herbst bestätigte das Verwaltungsgericht zwar, dass die Bußgeldbescheide des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg gegen die Eigentümerin wegen Zweckentfremdung rechtens seien. Das Bezirksamt verweist darauf, dass das Urteil ist nicht rechtskräftig ist. Laut Bezirksstadträtin Christiane Heiß ist die Klägerin in die Berufung gegangen.

In Steglitz-Zehlendorf hat bereits im Juni letzten Jahres Baustadtrat Michael Karnetzki (SPD) bekannt gegeben, dass man das leerstehende Haus im Gardeschützenweg beschlagnahmen wolle. Aber dort ist man noch nicht in der Umsetzungsphase.

Im Fall Weißensee habe es der Bezirk Pankow lange mit gutem Zureden versucht, erklärt Stadtradt Kuhn. Doch der Kontakt "war dabei insoweit erschwert, als dass die Eigentümerin aus einem Umfeld kommt, in dem der Verkehr mit den deutschen Behörden abgelehnt wird". Auch Zwangsgeldandrohungen seien einfach ignoriert worden. 

Eigentümerin soll Reichbürger-Bewegung nahe stehen

Laut Recherchen der Zeitung "Neues Deutschland", die zuerst über den Fall berichtete, soll die Eigentümerin der Reichsbürger-Bewegung nahe stehen. Die lehnt staatliche Behörden als Verhandlungspartner ab. Demnach wehrte sich die Eigentümerin anders als in solchen Fällen üblich auch nicht juristisch, als das Bezirksamt das Haus im vergangenen Frühjahr schließlich beschlagnahmte und unter die treuhändische Verwaltung einer Anwaltskanzlei stellte.

Aktuell seien erste Sicherungsmaßnahmen durchgeführt worden und Angebote zur Instandsetzung eingeholt worden, sagt Kuhn. Die Kosten für die Renovierung - vermutlich eine siebenstellige Summe - streckt erst einmal das Bezirksamt vor, stellt sie aber der Eigentümerin in Rechnung. "Sollte die Eigentümerin die Baukosten begleichen, würde ihr das Haus dann wieder übergeben", so Kuhn. "Ansonsten verbleibt es weiter in Treuhänderschaft und könnte langfristig einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft übergeben werden." Laut Kuhn arbeitet der Bezirk aktuell noch bei einem weiteren Geisterhaus in Pankow an einer ähnlichen Lösung.

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