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Unruhe in der JVA Berlin-Tegel: Woher kommen die gefundenen Patronen?

© Thilo Rückeis

Justizvollzug in Berlin-Tegel: Patronen in Gefängniszelle gefunden

Bei einem Sicherungsverwahrten in Tegel wurden Schreckschusspatronen gefunden. Die zugehörige Pistole fehlt. Wie die Patronen zum Gefangenen kamen, darüber wird gerätselt.

Hasch und Handys gehören im Knast bekanntlich dazu. Verbotene Dinge lassen sich immer einschmuggeln. Ein Fund allerdings hat jetzt intern heftig Staub aufgewirbelt. In einer Zelle von Haus 7 in Tegel wurden Schreckschusspatronen gefunden, und das in größerer Zahl, nämlich 33. Die dazugehörige Pistole wurde nicht gefunden – was die Aufregung eher noch steigert.

Darüber, wie die Schreckschusspatronen ins Gefängnis gelangten, gibt es zwei Versionen: die der Anstalt und die von Mitgefangenen. Gefunden wurden sie bei einem Sicherungsverwahrten. Diese genießen in der sogenannten Haft nach der Haft dank höchstrichterlicher Urteile einige Privilegien. So dürfen sie sich Möbel ihrer Wahl in die Anstalt liefern lassen.

"Die Verwahrten dürfen ihre Zimmer mit eigenen Gegenständen ausstatten, soweit nicht Sicherheit und Ordnung, insbesondere die Übersichtlichkeit des Zimmers, dagegensprechen", heißt es in der einschlägigen Vorschrift. "Zimmer", das ist noch so ein Privileg, die Abgrenzung zur Zelle eines normalen Gefangenen.

Nach Gerüchten im Knast wurden die Patronen "platziert"

Der 55-jährige Herbert L. (Name geändert) ließ sich im vergangenen Jahr einen antik wirkenden Sekretär nach Tegel liefern. Wie bei alten Sekretären üblich, besitzt auch dieser ein "Geheimfach". Und in dem dunkel gebeizten Möbel wurden die 33 Patronen gefunden. Wie andere Sicherungsverwahrte berichten, seien die Patronen damals angekommen, ohne dass L. davon wusste. Die Anstaltsleitung versichert dagegen hoch und heilig: Natürlich sei das Geheimfach beim Einbringen des Sekretärs von den scharfen Augen der Justiz entdeckt und kontrolliert worden. Es sei leer gewesen. Eine erste Strafe nach dem Fund folgte sofort: drei Wochen Arrest. Zudem wurden Lockerungen wie Ausgang gestrichen.

Und noch eine Variante schließt die Gerüchteküche im Knast nicht ganz aus: dass die Patronen "platziert" wurden, von wem auch immer. Vor genau zehn Jahren schrieb Herbert L. in einem Brief an den Tagesspiegel: "Offenbar hat es sich die JVA zum Leitziel gemacht, beschwerde- und klagefreudige Gefangene systematisch zu zerstören."

Tatsächlich ist L. in den vergangenen Jahren mehrfach mit der Justizverwaltung aneinandergeraten. 2004 gehörte er zu den Gefangenen, die wegen der Doppelunterbringung in kleinen Zellen vor Gericht zogen. Die Entscheidung des Kammergerichts, wonach diese Unterbringung verfassungswidrig ist, war eine bemerkenswerte Klatsche für die damalige Justizsenatorin und das Land Berlin. "Seit dieser Klage stehe ich unter ständigem repressiven Beschuss durch die JVA", schrieb L.

Der 55-Jährige war 2001 nach Sexualtaten festgenommen und zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Diese trat er im August 2009 an. 1987 – das Gedächtnis von Langzeitgefangenen ist gut – hatte es in Tegel einen spektakulären Ausbruchsversuch gegeben. Die Männer hatten einen Wärter mit einer Pistole bedroht, aber scheiterten an einer defekten Leiter.

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