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Plastikmüll im Asphalt: Berliner Start-up will den Straßenbau revolutionieren
Bei der Neustart-Konferenz stellte die Firma Ecopals ihr Projekt zur Verwertung von Plastikmüll im Asphalt vor. Eine kleine Vorzeige-Straße gibt es bereits in Berlin-Schöneberg.
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Es gibt einen Beitrag zur Verkehrswende in dieser Stadt, der zumindest keinen Streit mehr auslöst. Keiner glüht mehr, keiner schimpft mehr, den meisten Menschen fällt er wahrscheinlich nicht mal auf. Denn, mal ehrlich, wer schaut sich den Belag, auf dem er läuft oder fährt, schon genau an? Der Beitrag ist eine Straße, 100 Meter kurz, die unscheinbar zum Euref-Campus in Berlin-Schöneberg führt. Der Asphalt sieht aus, wie jeder andere – vielleicht etwas frischer, nicht ganz so abgenutzt. Und doch, eine Kleinigkeit ist anders: Der oberste Belag besteht zu einem Teil aus Plastikmüll.
Die Idee kommt von Jonas Varga. Der 30-Jährige ist Gründer und Geschäftsführer der Ecopals GmbH. In der vergangenen Woche stellte er sein Projekt bei der Neustart-Konferenz im Gasometer in Schöneberg vor, einer gemeinsamen Initiative von Tagesspiegel, „Berliner Morgenpost“, Radioeins und Euref-Campus. 70 Einzelpersonen, Projekte, Vereine und Unternehmen waren einem Aufruf gefolgt, Überlegungen für ein besseres Berlin einzureichen.
Das neue Verfahren soll Kohlendioxid-Emissionen reduzieren
Eine Voraussetzung allerdings war, dass sie nachhaltig sein müssen, relevante Themen angehen und eine realistische Chance auf eine Umsetzung haben. Eine Jury aus Experten sah das im Vorhaben von Varga und seiner Firma Ecopals gegeben. Er selbst spricht von einer „unterstützenden Maßnahme bei einer gesamten Transformation der Stadt.“

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Um seinen Ansatz zu verstehen, muss man wissen, wie sich Asphalt für eine Straße zusammensetzt. Der besteht zu 95 Prozent aus Gestein in verschiedenen Formen. Kann Sand enthalten, auch Kiesel. Zusammengehalten wird die Masse von einer Art Kleber, der sich Bitumen nennt und aus Restprodukten der Erdölraffinerien stammt. Für die oberste Schicht wird der Kleber mit Polymeren modifiziert, damit der Asphalt lange dem Verkehr standhält, sich etwa bei Hitze keine Spurrillen bilden oder bei Kälte Risse im Asphalt entstehen.
Herkömmliche Polymere werden Varga zufolge unter hohem Energiebedarf hergestellt und durch die Welt gefahren. Die Ecopals GmbH hingegen setzt da auf den Plastikmüll. Das soll die Herstellungskosten drücken, den Straßenbau unabhängiger von globalen Lieferketten machen und die CO2-Emissionen um bis zu 20 Prozent reduzieren, so Varga.
Angefangen hat alles in Nepal. „Während meiner Zeit in der Universität habe ich bei einer NGO gearbeitet, die in Nepal Projekte umsetzt“, erzählt Varga. „Wir haben nach Technologien gesucht, um das Plastikmüllproblem vor Ort zu lösen.“ Eine „rudimentäre Idee“ sei die Wiederverwendung von Plastikmüll in Straßen gewesen. Heute, sagt er, würde er Plastikmüll auch nicht mehr so bezeichnen. Er spricht von „recyceltem Rohstoff“. Allerdings stellte er fest, dass er als Ökonom mehr Expertise benötigte. „Ich bin auf das Fraunhofer-Institut gestoßen, das in dem Bereich forscht“, sagt Varga.
Firmenchef Jonas Varga will die Technologie „breit ausrollen“
Im Rahmen eines Forschungsprojekts am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie in Pfinztal entwickelte Jonas Varga zusammen mit Mitstreitern den Asphaltbelag Ecoflakes. „Das Programm ist darauf ausgelegt, dass man gründet“, sagt Varga weiter. Später konnten sie Investoren von ihrer Technologie überzeugen – und entschieden sich im Jahr 2021, die Ecopals GmbH zu gründen. Inzwischen ist die Liste der Gesellschafter lang, über 25 Unternehmen und Privatpersonen beteiligen sich an der GmbH, darunter Varga selbst mit einer Beteiligungs-UG und auch der High-Tech-Gründerfonds.
Umgesetzt hat Ecopals derzeit in Projekte in Deutschland, aber auch in sieben weiteren Ländern. Den Durchbruch aber hat das junge Unternehmen noch nicht erreicht. „Wir investieren viel ins Wachstum“, sagt Varga. „Aktuell wollen wir noch gar nicht profitabel sein, sondern die Technologie breit ausrollen.“
In Berlin gestaltete sich das bislang aber als schwierig. Bis das 100-Meter-Stück, die Torgauer Straße zum Euref-Campus, verlegt wurde, ging das Projekt durch viele Abstimmungsprozesse mit den Behörden. Zwischendurch drohte es sogar zu scheitern, da das zuständige Straßen- und Grünflächenamt keine Genehmigung für das Material erteilte. Der Bezirk verwies damals auf das Regelwerk für den Straßenbau im Land Berlin. Der sehe keinen Plastikabfall im Material vor.
Der Streit zog sich über ein halbes Jahr. Das Unternehmen erbrachte Nachweise über die Nutzung. Letztlich gab es im Sommer 2024 die Genehmigung für die einmalige Anwendung. Nun hofft Jonas Varga auf mehr Mut in Berlin. „Wir machen nicht besonders viel anders.“ Man müsse solche Schritte einfach mal zulassen, meint er.
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