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Berlin: Polemik gegen ein „Pseudoprojekt“

Geplantes Zentrum gegen Vertreibung empört die Hürriyet

Jeden Montag im Tagesspiegel: ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen.

Eine große Geschichte fiel in der vergangenen Woche besonders auf. Es ging um die Dokumentations- und Begegnungsstätte des „Zentrums gegen Vertreibung“, das in Berlin entstehen soll. „Ein angebliches Projekt“, empörte sich dabei die Tageszeitung Hürriyet am Freitag auf der Titelseite ihrer täglichen Europa-Beilage. Das soll so viel heißen wie „das Pseudoprojekt.“ Das vom Bund der Vertriebenen unter dem Vorsitz von Erika Steinbach initiierte Vorhaben wird von der auflagenstärksten, meinungsbildenden türkischen Zeitung in Deutschland heftig kritisiert. „Das in Berlin geplante Zentrum gegen Vertreibung wird eine Abteilung für den angeblichen Völkermord (der Türken) an den Armeniern bekommen. Obwohl die Diskussion um die Errichtung des Zentrums schon seit 1999 laufe, hat sich bis jetzt niemand in der Türkei darüber aufgeregt.“

Die Türkei leugnet den Genozid im Ersten Weltkrieg, dem Schätzungen zufolge eine Million Armenier zum Opfer fielen. Jedes Mal, wenn in der westlichen Welt das Thema zur Sprache kommt, gibt es deshalb Proteste von dort lebenden Türken. Dass in dem Zentrum gegen Vertreibung eine „armenische Abteilung“ geplant ist, erfuhr Hürriyet nicht von einem Berliner Türken, sondern vom FDP-Politiker Serkan Tören aus dem niedersächsischen Örtchen Düdenbüttel. Er hat das Projekt in Berlin geprüft. Sein Fazit: Die Türkei werde als Tätervolk an den Pranger gestellt; darüber habe er bereits alle türkischen Vereine und Organisationen informiert. „Der einzige Türke, der gegen das Projekt seine Stimme erhebt“, lobt Hürriyet. Ob es öffentliche Proteste geben wird? Zuletzt hatten im Oktober 2000 rund 3000 Türken aus dem Bundesgebiet in Berlin gegen „Geschichtsfälschung“ und „türkenfeindliche Stimmungsmache“ im US-Wahlkampf demonstriert.

Suzan Gülfirat

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