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Kriminalität in Berlin: 17 Hotels überfallen seit November
Wieder wurde in Berlin ein Hotel ausgeraubt, kein Einzelfall. In Hotels und auf Kongressen wird oft geklaut. Die Polizei klärt auf – auch auf der Grünen Woche
Von „Wellen“ spricht der Verbandschef der Berliner Hoteliers. Wenn es so ist, dann schwappt derzeit eine regelrechte Woge durch die Stadt. Es geht um Überfälle auf Hotels, die sich wieder häufen. Am Sonntagabend traf es das NH-Hotel in der Kreuzberger Stresemannstraße. „Gegen 20.10 Uhr betraten zwei Maskierte das Hotel, bedrohten eine 21-jährige Angestellte mit einem Schlagstock und forderten die Einnahmen.“ So beschrieb die Polizei das Vorgehen, so begannen im Prinzip alle Meldungen der vergangenen Wochen. Und sie endeten auch gleich: „Mit ihrer Beute flüchteten die Männer.“
Thomas Lengfelder, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes, hat 17 Überfälle seit November gezählt. „Alarmierend“ findet er das. Der Verband arbeitet nun mit einer Spezialfirma zusammen, die ein Sicherheitskonzept für kleinere Häuser entwickelt. So könnten sich fünf, sechs benachbarte Hotels gemeinsam einen Sicherheitsdienst beauftragen, der für ein einzelnes Haus zu teuer wäre. Die größeren Hotels haben eigene Sicherheitskonzepte und entsprechendes Personal. Aber selbst Luxushotels werden überfallen. So traf es vor einigen Tagen das Fünf-Sterne-Haus „Schweizerhof“ in der Budapester Straße. Vor elf Jahren hatte es eine ähnliche Häufung gegeben, in den ersten sechs Wochen des Jahres 2004 waren elf Hotels überfallen worden.
Viel zu holen ist an der Rezeption nicht
Zu holen sei bei diesen Überfällen kaum etwas, erzählt Lengfelder: „Es geht um ganz geringe Beträge.“ Fast alle Gäste würden die Zimmer per Kreditkarte bezahlen. Und viele Hotels hätten Tresore, die selbst durch das Personal nicht mehr zu öffnen seien. In großen Häusern würde Bargeld mehrmals täglich abgeholt. Aber das scheint Täter nicht zu stören.
Klar ist, dass gerade nicht nur ein Duo durch Berlin zieht. Die eingesetzten Waffen variieren, mal sind es Schlagstöcke, mal Messer, mal Pistolen. Ermittelt wird in den örtlichen Direktionen, das Landeskriminalamt würde nur übernehmen, falls eine „Bandenstruktur“ zu erkennen wäre oder besonders auffallende Brutalität.
Am meisten betroffen sind derzeit Kreuzberg und Mitte. Ende November vermeldete die Polizei die Festnahme zweier Räuber, verbunden mit dem Hinweis, dass diese vermutlich mehrere Taten begangen hätten. Doch die Überfälle gingen einfach weiter. Gleich zweimal traf es das „Winters Hotel“ in der Zimmerstraße in Mitte. Die kleine Kette, die in Berlin vier Häuser betreibt, hat mittlerweile „als Sofortmaßnahme zusätzliches Sicherheitspersonal engagiert“, teilt Inhaber Paul Kirchenheiter mit. Und weiter: „Wir sind von der Dreistigkeit der Vorgehensweise schockiert.“ Er freue sich „über jede weitere Unterstützung seitens der Behörden“, sagt Kirchenheiter nach dem zweiten Überfall. „Wir können nicht vor alle 600 Hotels einen Polizisten stellen“, sagte vor Jahren ein leitender Beamter. Heute sind es 800 Hotels.
Taschendiebe kommen im schwarzen Anzug
Dabei lebt die Branche schon immer mit der Kriminalität, sagen Branchenexperten, nur gesprochen wird ungerne darüber. 2013 wurden 7286 Diebstähle aus Hotels und Gaststätten angezeigt, das waren 22 Prozent mehr als 2012. Aufgeklärt wurden magere neun Prozent der Taten. Zahlen für 2014 liegen noch nicht vor. Geklaut werde in Frühstückssälen besonders gerne, ebenso auf Kongressen oder Messen. „Die Diebe kommen im schwarzen Anzug“, heißt es, mit perfektem Auftreten klappern sie beim Frühstück die über den Stuhl gehängten Jacken auf Geld und Telefone ab, während der Besitzer gerade am Büfett ansteht. Seit Jahren warnt die Berliner Polizei vor diesem „Hotel-Trick“ in ihren Präventionsbroschüren. Auf der Grünen Woche hat die Polizei wegen der vielen Straftaten wie immer eine mobile Wache aufgebaut, zu finden in Halle 7. Hier werden oft Laptops von den Ständen geklaut.