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Andreas Geisel (SPD), Innensenator von Berlin, bei einem Pressegespräch.

© Paul Zinken/dpa

Update

Fachkonferenz zur Clan-Kriminalität: Geisel fordert Kooperation über Landesgrenzen hinweg

Der Kampf gegen kriminelle Clans soll effektiver organisiert werden. Polizei-, Behörden- und Bezirksvertreter treffen sich dazu heute in der Innenverwaltung.

Im Kampf gegen kriminelle Clans ist nach Experteneinschätzung die nationale und internationale Zusammenarbeit dringend notwendig. Das betonten Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) und der Europol-Chef für den Bereich der organisierten Kriminalität, Jari Matti Liukku, am Donnerstag zu Beginn einer Berliner Konferenz über Strategien gegen kriminelle Mitglieder arabischstämmiger Clans. "Wenn es gelingt, bundesländerübergreifend und staatenübergreifend zu arbeiten, sind wir schon einen ganzen Schritt weiter", sagte Geisel. "Eine offene Missachtung der Regeln des Staates muss sanktioniert werden." In Berlin habe es seit Beginn des Jahres 237 Polizeieinsätze gegen Clans gegeben, 55 davon in Kooperation mit dem Zoll, dem Finanzamt, den Bezirken und Jobcentern.

Liukku nannte zahlreiche Beispiele für die internationale Vernetzung der organisierten Kriminalität, besonders beim Drogenhandel, der Geldwäsche und den Verbindungen in die Wirtschaft. Die Strukturen reichten von Europa bis Südamerika und Asien. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Susanne Mittag sprach von einer "Machtfrage", weil die Clans die Handlungsfähigkeit des Staates in Frage stellten.

Der Kampf der Berliner Behörden gegen die kriminellen Mitglieder der Clans soll künftig in der ganzen Stadt noch effektiver organisiert werden. Dazu treffen sich am Donnerstag Experten der Kriminalpolizei, der Senatsverwaltungen und von Bundesbehörden mit Vertretern der zwölf Bezirke zu einer großen Fachkonferenz in der Senatsinnenverwaltung

Bis 16.30 Uhr geht es im Dienstgebäude von Berlins Innensenator sowohl um die Berliner Perspektive als auch um den Blick auf ganz Deutschland und Europa.

Über die Situation in Berlin diskutieren Polizeipräsidentin Barbara Slowik, Oberstaatsanwalt Sjors Kamstra, Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) und ein Experte der Senatsfinanzverwaltung.

Die wichtigsten Polizeiführer der am meisten betroffenen Bundesländer und des Bundes kommen dann zur nächsten Runde zusammen: der Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, sowie die Leiter der Landeskriminalämter von Berlin, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen.

Zum Abschluss debattieren der Autor und Clan-Experte Ralph Ghadban, zwei Wissenschaftler und ein Journalist über die Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Das sind die neuen Reviere einschlägig bekannter Clans in Berlin.

© Tsp

Die Problematik der Clan-Kriminalität, die für die Polizei wegen der abgeschotteten Großfamilien schwer zu bekämpfen ist, rückte erst in den vergangenen Jahren stärker in den Fokus der Öffentlichkeit. Das lag auch an einigen spektakulären Überfällen, Einbrüchen und Morden besonders in Berlin. Die Polizei betont seitdem, sie habe die Clans schon lange im Blick gehabt, aber erst jetzt gebe es die nötige Unterstützung der Politik.

Innensenator Geisel (SPD) sieht im Kampf gegen Clan-Kriminalität in Berlin erste Erfolge. „Ich sage mal, wir machen einen Marathonlauf und die ersten 1000 Meter haben wir hinter uns. Wir haben vor allen Dingen noch viel Arbeit vor uns und müssen das durchhalten“, sagte Geisel am Donnerstag im Interview mit dem rbb-Inforadio.

Seit Januar diesen Jahres hat es nach Angaben des Innensenators 237 Einsätze gegen Clans in Berlin gegeben. Geisels Strategie war dabei, „die gesamte Palette staatlichen Handelns“ zu nutzen und Parken in zweiter Reihe genauso zu ahnden wie Steuerhinterziehung.

„Wir müssen klarmachen, dass in dieser Stadt Regeln gelten“, sagte Geisel. Er räumte aber auch Fehler im Vorgehen gegen kriminelle Clans ein: „Wir haben in den vergangenen Jahren womöglich zu oft Zweifel daran zugelassen, dass wir gewillt sind, diese Regeln durchzusetzen“.

[Ihre Reviere reichen längst über Neukölln hinaus. Jetzt schlägt der Staat gegen Berliner Clans zurück. Wie gefährlich sind sie wirklich? Lesen Sie hier die Analyse von Hannes Heine über die Treffpunkte und Tatorte der Clans.]

Vor einem Jahr hatte der Senat einen Fünf-Punkte-Plan verabschiedet. Seitdem versuchen Polizei, Steuerfahnder, Sozialämter, Jobcenter und die Gewerbeaufsicht gemeinsam gegen die Kriminellen vorzugehen. Beim Landeskriminalamt gibt es seit dem Winter die neue Koordinierungsstelle für Organisierte Kriminalität (KO-OK).

In ganz Deutschland galten im vergangenen Jahr 45 große Ermittlungsverfahren im Bereich der organisierten Kriminalität den Clans. Das ging kürzlich aus dem jüngsten BKA-Lagebild hervor. Dabei ging es nicht nur um Mitglieder arabischstämmiger Familien, sondern auch um Großfamilien aus dem früheren Jugoslawien und der Türkei. (Tsp/dpa)

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