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Berlin-Marzahn: Missbrauch in 88 Fällen: Mehr als vier Jahre Haft

Reiner H. lockte seine jungen Opfer mit Geschenken, fernsehen und ungestraftem Rauchen in seine Wohnung, um sich an ihnen zu vergehen. Nun wurde er wegen Missbrauchs in 88 Fällen verurteilt. Dennoch leugnet er seine Taten.

Der Mann war in seinem Kiez bekannt wie ein bunter Hund. Schrill gekleidet zog Reiner H. um die Häuser und hielt Ausschau nach Schrott. Doch der 56-Jährige war nicht der harmlose Sammler, für den man ihn halten konnte. Es gelang ihm, Kinder um sich zu scharen. Zehn- bis zwölfjährige Jungen, die wie er viel Zeit auf der Straße verbrachten. Sie durften in seiner Wohnung tun und lassen, was sie wollten. Es war eine Falle: Wegen Missbrauchs von Kindern in 88 Fällen wurde Reiner H. zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Er kommt zunächst zur Therapie in die Gerichtspsychiatrie.

Der Verurteilte streitet alle Vorwürfe ab  

Reiner H. hatte die sexuellen Übergriffe auf zwei Jungen, elf und zwölf Jahre alt zur Tatzeit, bestritten. Die Kinder würden lügen, seien von seinen Nachbarn, die ihn nicht mochten, dazu angestiftet worden, sagte er. Eine Verschwörung sei es. Die Richter aber waren überzeugt: „Reiner H. hat Kinder für sich gewonnen und seine sexuellen Ziele durchgesetzt.“ Die Zahl der Taten sei vermutlich wesentlich höher gewesen, hieß es weiter im Urteil. Von 360 war die Anklage ausgegangen. Man habe sich aber auf jene Fälle beschränkt, von denen die Kinder detailliert berichtet hatten, so das Gericht.

Der untersetzte Mann aus Marzahn saß mit Indianerschmuck im Ohr im Saal, als der Prozess vor fünf Wochen begann. Erst schwieg er, dann stritt er alles ab. Ohne ein Geständnis aber mussten die beiden Opfer befragt werden. Sie wollten eigentlich nicht reden. Sie schämen sich, sie fühlen sich sogar schuldig. Mit einem roten Handy hatte er einen zwölf Jahre alten Jungen gelockt. Er schenkte es ihm mit dem Zusatz: „Aber ich kann doch bei dir machen, was ich will.“ Einem Elfjährigen habe er vier Euro gegeben und Oralverkehr verlangt, so die Richter.

Er lockte sie mit Narrenfreiheit

Bereits seit 2010 sollen sich bei H. oft Kinder aufgehalten haben. Zumeist waren es Jungen aus schwierigen Verhältnissen, die er auf der Straße aufgelesen hatte. Sie durften bei ihm fernsehen, umhertoben, rauchen. Spätestens ab September 2012 kam es laut Urteil zu sexuellen Handlungen. Kurz nach einer Anzeige im August 2013 wurde der pädophile Mann festgenommen. Seitdem ist er in Haft.   

Der Mann, den die Kinder „Schrotti“ nannten, hat keine Vorstrafen. Aber es gab schon früher ein Verfahren wegen Kindesmissbrauchs. Damals wurde Reiner H. als schuldunfähig eingestuft, das Verfahren eingestellt. Laut Gutachter ist H. unterdurchschnittlich intelligent. Es liege zudem eine Persönlichkeitsstörung vor. Der Angeklagte sei vermindert schuldfähig gewesen, entschieden die Richter. Ohne Behandlung sei er weiter gefährlich für die Allgemeinheit. H. wird deshalb zunächst in einer Klinik des sogenannten Maßregelvollzugs untergebracht. Diesen Weg hatten auch Staatsanwaltschaft und Verteidigung beantragt.  

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