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Mitte: Polizei räumt Wohnprojekt in der Brunnenstraße

600 Beamte durchsuchten die Brunnenstraße 183. Keiner der 19 Bewohner hatte einen Mietvertrag.

Die Ampeln erlöschen, ein erstes Polizeiauto sperrt die Brunnenstraße wenige Minuten vor drei. Sofort gehen im Haus mit der Nummer 183 einige Fenster auf, Schwarzgekleidete recken ihre Hälse, um zu sehen was passiert. Als dann Sekunden später die ersten Mannschaftswagen vorfahren, wissen die Bewohner, was folgt: Das seit Jahren umstrittene linke Wohnprojekt wird geräumt. Nach wenigen Minuten stehen etwa 50 Mannschaftswagen, schweres Gerät, Lichtmasten und Polizeikräne in der Straße nahe dem Rosenthaler Platz in Mitte.

Mehr als 600 Beamte sind im Einsatz, weitere Hundertschaften stehen bereit. Mit Rammböcken und benzingetriebenen Kreissägen bahnen sie sich den Weg durch das verbarrikadierte Gebäude, ein vergammeltes Vorderhaus mit Seitenflügel. Widerstand leisten die Bewohner nicht, stellen die Polizisten schnell erleichtert fest. Nach einer Stunde hat die Polizei 19 Personen widerstandslos aus dem Gebäude geholt.

Dass die Bewohner von der Räumung überrascht wurden, hat einen Grund: Vor vier Wochen wollte der Gerichtsvollzieher persönlich den Räumungstitel für sechs Wohnungen im Gebäude zustellen. Doch niemand öffnete ihm, einen Briefkasten gab es nicht. Trotzdem galt das Schreiben damit juristisch als zugestellt – die Frist begann zu laufen.

„Es ist völlig unverhältnismäßig das ganze Haus zu räumen“, kritisierte gestern der Rechtsanwalt der Bewohner, Moritz Heusinger. Schließlich gebe es nur Räumungstitel für fünf bis sechs der 24 Wohnungen.

Nach einer Stunde hat sich die Situation geklärt. Niemand der 19 Personen im Haus besaß irgendeinen Mietvertrag, sagte ein leitender Beamter des Landeskriminalamt. Damit sei das Schicksal des Projektes besiegelt.

Brunnenstraße
Polizisten vor der Tür des Wohnprojektes -

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Nur auf dem Dach stehen gegen 17 Uhr immer noch drei Vermummte, die die Hausbesetzer-Parole „Wir bleiben alle“ rufen und Antifa-Fahnen schwenken. Sie sollten nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe heruntergeholt werden.

Mit kläffenden Hunden halten behelmte Hundertschaften derweil linke Sympathisanten fern, Straße und gegenüberliegender Park sind abgeriegelt. „Nehmt ihr uns die Häuser, machen wir die City platt“, heißt es auf einem Transparent. Doch die Übermacht der Polizei ist zu dieser Stunde eindeutig. Schon um 15.04 Uhr lief die erste Meldung bei „indymedia“, dem linken Zentralorgan im Internet: „Brunnen 183 wird geräumt“.

Für die Nacht und für Mittwoch rechnete die Polizei mit Aktionen der linken Szene. Für 19 Uhr wurde im Internet zu einer Spontandemo am Alex mobilisiert. Dem Aufruf folgten allerdings nur ein paar Dutzend Menschen. Bis Redaktionsschluss blieb es friedlich. 

Nach der Durchsuchung zweier Wohnprojekte in Friedrichshain in der vergangenen Woche, hatte es eine spontane Demonstration mit 500 Teilnehmern gegeben. Im Anschluss kam es zu Ausschreitungen im Kiez. Dort in der Liebigstraße waren sogar bereitgelegte Ziegelsteine und Flaschen auf den Dächern entdeckt worden – Wurfgeschosse.

Das Haus gehört einem Passauer Arzt – ausgerechnet dem Vater eines der bekanntesten linken Aktivisten in der Stadt. Schon vor zwei Jahren hatte der Eigentümer das Haus durchsuchen lassen. Ha

Wenige Stunden nach der Räumung kursieren bereits Videos der Räumung im Internet. Hier wurde die Polizeiaktion von einem benachbarten Haus aus gefilmt: 

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