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Wowi und Sarrazin

© ddp

Hartz IV-Speiseplan: ''Preise sind Tatsachen, keine Meinungen''

Thilo Sarrazin hält trotz Kritik an seinem Speiseplan für "Hartz IV"-Empfänger fest. Innerhalb der SPD knirscht es gewaltig. Die CDU wirft Sarrazin parteipolitische Spielchen vor.

Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) verteidigt trotz scharfer Kritik aus der eigenen Fraktion seinen Speiseplan. Im Abgeordnetenhaus sagte Sarazin, dass Hartz IV-Empfänger sich mit dem entsprechenden Tagessatz von 4,50 Euro gesund und ausgewogen ernähren könnten. Voraussetzung sei aber, dass man selber koche.

Der Regierende Bürgermeister, Klaus Wowereit (SPD), wiederholte hingegen seine deutliche Kritik und nannte Sarrazins Modell "völlig überflüssig". Wowereit sagte: "Es gibt keinen Grund für jemanden, der ein viel höheres Einkommen hat, denen, die weniger haben, vorzuschreiben, was sie essen und einkaufen sollen." Die SPD-Abgeordnete Burgunde Grosse sagte, Sarrazins Berechnungen würden nicht die Meinung der SPD-Fraktion wiedergeben. Sarrazin erwiderte, es sei ihm durchaus recht, eine Diskussion angestoßen zu haben. Er lud Grosse ein, gemeinsam in einem Supermarkt seinen Speiseplan zu überprüfen und sagte: "Preise sind Tatsachen und keine Meinungen."

Sarazin: 4,50 Euro Essensgeld "eine gute Nachricht"

Der Senator will den Hartz IV-Empfängern nicht vorschreiben, wie sie ihr Geld ausgeben sollten. Er prüfe nur, ob das Geld ausreiche und wie Landes- und Bundesmittel verwendet werden. Angesichts von 3,3 Milliarden Euro im Jahr, die Land und Bund für die 660.000 Menschen ausgeben, ist das, nach Meinung von Sarazin, eine wichtige Aufgabe des Finanzsenators.

Er warnte davor, die in Berlin von staatlichen Transferleistungen leben, "künstlich unter die Armutsgrenze zu reden". Das gehe in die "völlig falsche Richtung". Er finde dies "grundsätzlich eine gute Nachricht", das man sich mit Hilfe der staatlichen Unterstützung gut ernähren könne.  Deshalb kann er nicht verstehen, warum sein Speiseplan so negativ aufgenommen wird. 

Hoffmann: Speiseplan führt nach einem Monat zur Unterernährung

Der sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Gregor Hoffmann, nannte es "instinktlos und anmaßend", wenn ein wohlsituierter Senator "Hartz IV"-Empfängern öffentlich Nachhilfeunterricht im Wirtschaften gibt. Dies sei "borniert, geschmacklos und zynisch". Es gehe Sarrazin einzig um die unmissverständliche Botschaft an den Koalitionspartner Die Linke, dass es mit der SPD nicht mehr Geld für arme Menschen gebe.

Nach den Worten Hoffmanns blendet das Rechenbeispiel des Finanzsenators zudem die Lebenswirklichkeit vieler Empfänger von Arbeitslosengeld II aus. Experten hätten die von Sarrazin angegebenen Mengen überprüft und festgestellt, dass diese nach vier Wochen zu Unterernährung führen würden. (ml/ddp)

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