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Mehr Licht! LED-Beleuchtung kann den Gegenverkehr blenden.

© Th. von der Heiden

Problem im Berliner Straßenverkehr: Blendende Fahrradscheinwerfer - eine Gefahr für den Gegenverkehr

Moderne Fahrradlampen blenden oft stark, weil sie falsch eingestellt sind. Vor allem für Fußgänger und Autofahrer kann das zum Problem werden.

Die Tage sind schon spürbar länger als um Weihnachten, aber die Nacht dauert noch immer gut 15 Stunden. Zeit, im Straßenverkehr ein relativ neues Problem zu beleuchten: blendende Fahrradscheinwerfer. Bis vor wenigen Jahren waren nur Funzeln zugelassen, bei denen es relativ egal war, ob sie korrekt auf die Straße leuchteten oder in die Luft strahlten. Inzwischen aber sind LED-Scheinwerfer Standard, bei denen immer mehr Licht fürs Geld zu bekommen ist.

Zusammen mit den leicht und bei jedem Wetter zuverlässig laufenden Nabendynamos ist das ein enormer Fortschritt – sofern die Lampen richtig justiert sind. Einige Scheinwerfer blenden derart, dass entgegenkommende Radfahrer und Fußgänger sich sekundenlang blind fühlen. Das kann sowohl die meist mit nur einer Schraube fixierten Dynamolichter als auch die inzwischen für alle Fahrräder zugelassenen Ansteckleuchten betreffen, deren Halterungen sich oft leicht verdrehen. Die Blendung kann selbst für Autofahrer – von denen nach Erfahrungen von ADAC und Tüv übrigens etwa jeder Dritte mit falsch eingestellten Scheinwerfern unterwegs ist – unangenehm werden. Und für Fußgänger, die in der dunklen Jahreszeit ohnehin signifikant häufiger verunglücken und optisch nun noch mehr in den Hintergrund geraten können, gefährlich.

„Aber natürlich ist es kein Überwachungsschwerpunkt“

Fachleute sehen das Problem relativ gelassen angesichts dessen, was sich sonst im Straßenverkehr abspielt. „Wenn wir falsch eingestellte Beleuchtung feststellen, sprechen wir die Radfahrer auch darauf an“, sagt Stefan Drescher, Leiter der Verkehrsunfallprävention bei der Berliner Polizei. „Aber natürlich ist es kein Überwachungsschwerpunkt.“ Als Unfallursache werde Blendung „in der Statistik nicht erfasst und ist deshalb auch nicht auswertbar“.

Aber selbst das Gegenteil, nämlich zu spärliche oder nicht vorhandene Fahrradbeleuchtung, spielt – obwohl von vielen als enorm gefährlich empfunden – kaum eine Rolle: Im Jahr 2016 seien Beleuchtungsmängel bei 21 Unfällen als „mitverursachend“ vermerkt worden, 2017 in 35 Fällen und in den ersten zehn Monaten 2018 in 14 Fällen. Zum Vergleich: „Benutzung der falschen Fahrbahn“ als häufigste Ursache der von Radfahrern verursachten Unfälle wird rund 800 Mal pro Jahr registriert. Beleuchtungsmängel tauchten in der Statistik auch nur als sekundäre Unfallursache auf, beispielsweise als Grund für eine versehentlich missachtete Vorfahrt.

Auf keinen Fall Stirnlampen verwenden

Hauptkommissar Drescher sieht die Radfahrer angesichts der liberalisierten Ausrüstungsvorschriften „umso mehr in der Pflicht, auf korrekte Einstellung ihrer Beleuchtung zu achten“. Siegfried Brockmann, der die Unfallforschung der Versicherer leitet, sekundiert: Schon die Tatsache, „dass doch jeder selbst schon mal geblendet worden sein dürfte“, sollte das Bewusstsein schärfen. Technische Überwachung sei jedenfalls unrealistisch.

Stephan Behrendt, Fachreferent für Technik beim ADFC, empfiehlt, auf verdrehsichere Halterungen zu achten und die Lampen so zu justieren, dass der hellste Punkt des Lichtkegels etwa zehn Meter vor dem Rad auf die Fahrbahn trifft. Das verlangt sinngemäß auch die Straßenverkehrszulassungsordnung. Außerdem dürfen nur Lichter mit Prüfzeichen verwendet werden – und keinesfalls Stirnlampen, die aus gutem Grund nicht zugelassen seien.

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