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Der Schutz jüdischer Einrichtungen wird vom Land Berlin mit 9,9 Millionen Euro gefördert.

© imago/Stefan Zeitz

Rekordhoch antisemitischer Straftaten: Geld zum Schutz jüdischer Gemeinden bleibt liegen

Nachdem es Kritik gehagelt hatte, kommt die Förderung von Projekten gegen Antisemitismus gut voran. Anders beim Schutz jüdischer Gemeinden.

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Während die Zahl der antisemitischen Straftaten von einem Rekordhoch auf das nächste steigt, hinkt der Senat seinen eigenen Ansprüchen beim Schutz jüdischer Gemeinden hinterher. Wie ein Sprecher der Kulturverwaltung dem Tagesspiegel bestätigte, sind von den für das laufende Jahr bereitgestellten 9,9 Millionen Euro zum Schutz jüdischer Gemeinden bislang lediglich 1,8 Millionen Euro ausgereicht worden.

Mit den Mitteln soll vor allem auf den erhöhten Sicherheitsbedarf jüdischer Einrichtungen reagiert werden. Laut einem Sprecher der Kulturverwaltung legt die Innenverwaltung fest, an welchen Orten welche zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen benötigt werden.

Grund für die schleppende Verausgabung der dringend benötigten Gelder – erst vor zwei Wochen wurde ein Mann festgenommen, der laut Bundesanwaltschaft einen Anschlag auf die israelische Botschaft geplant hatte – sind rechtliche Hürden.

Schwieriger Prozess

Laut dem 1993 zwischen dem Land Berlin und der Jüdischen Gemeinde Berlins unterzeichneten Staatsvertrag ist Berlin grundsätzlich zur religionsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlung verpflichtet. Wie eine gleichheitsgerechte Förderung der jüdischen Gemeinden mit den Vorgaben des Staatsvertrags rechtssicher in Einklang zu bringen umzusetzen sein wird, ist Gegenstand von Gesprächen. Eine öffentliche Auseinandersetzung über diese Fragen würde „den sensiblen und klageträchtigen Prozess gefährden“, heißt es. Nicht zuletzt gilt auch das Verhältnis zwischen den verschiedenen jüdischen Gemeinden Berlins als konfliktgeladen.

Deutlich besser geht es bei der Verausgabung der ebenfalls zusätzlich bereitgestellten Mittel für Projekte gegen Antisemitismus und zur Förderung des interreligiösen Dialogs voran. Von den von CDU und SPD für das laufende Haushaltsjahr zur Verfügung gestellten zehn Millionen Euro wurden laut Kulturverwaltung bisher 9,1 Millionen Euro mit konkreten Planungen hinterlegt. Sechs Millionen Euro wurden bewilligt und knapp vier Millionen Euro abgerufen.

Kritik am Staatssekretär

Die Dynamik dürfte nicht zuletzt Folge massiver Kritik aus dem Sommer sein. Weil von den im Anschluss an das Massaker der Hamas in Israel zusätzlich bereitgestellten zehn Millionen Euro bis Jahresmitte lediglich 114.000 Euro verausgabt worden waren, stand die Kulturverwaltung schwer unter Druck. Aus der jüdischen Community heraus und auch seitens des Koalitionspartners gab es heftige Kritik am Arbeitsbereich des CDU-Staatssekretärs Oliver Friederici. Wenn die Kulturverwaltung der Aufgabe nicht gewachsen sei, solle sie die in dem Bereich erfahrene Sozialverwaltung das Geld verteilen lassen, hieß es.

10
Millionen Euro zusätzlich stellte der Senat nach dem Hamas-Massaker in Israel für Projekte gegen Antisemitismus bereit.

Christopher Suss, Sprecher der Kulturverwaltung, erklärte dem Tagesspiegel, die Behörde habe die erste Jahreshälfte dafür genutzt, konzeptionell vorzuarbeiten, das erforderliche Personal zu gewinnen und Kooperationen zu vereinbaren. Er zeigte sich „sehr zufrieden mit dem Fortschritt“ bei der Bewilligung der Mittel. Wird das momentane Tempo beibehalten, dürften bis Jahresende sämtliche zur Verfügung gestellten Gelder ausgeben werden, erklärte Suss.

Hoher Förderbedarf

Passend dazu veröffentlichte die Kulturverwaltung am Montag eine Pressemitteilung zum Abschluss der zweiten Förderrunde des Aktionsfonds gegen Antisemitismus. Aus insgesamt 160 Anträgen waren 32 Projekte ausgewählt worden, die sich gegen Antisemitismus und für den interreligiösen Dialog einsetzen. „Die Vielzahl der eingegangenen Anträge in den beiden Förderrunden zeigt den Bedarf an Förderung und die Relevanz des Themas Antisemitismus in der Gesellschaft“, erklärte Kultursenator Joe Chialo (CDU).

Kurios: Unter den geförderten Projekten finden sich einzelne, die nach dem Willen der ebenfalls von der CDU geführten Bildungsverwaltung von öffentlichen Geldern besser ferngehalten werden sollten. So hatte sich Jugendstaatssekretär Falko Liecke (CDU) mit Blick auf das jüdisch-muslimische Projekt „meet2respect“ skeptisch gezeigt, was eine Förderung angeht und dies mit mutmaßlichen Kontakten eines Protagonisten in rechtsextreme Kreise begründet. Die Kulturverwaltung fördert das Projekt nun mit 85.000 Euro.

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