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Fünf Minuten Stadt: Rückruf

An den Gleisen der Nord-Süd-Strecke, kurz vor ihrer Sperrung.

Von Maris Hubschmid

Ungewohnt leer ist es, unten im Bahnhof Friedrichstraße, an den Gleisen der Nord-Süd-Strecke, kurz vor ihrer Sperrung. Nur wenige haben ein Ziel zu erreichen an diesem frühen Samstagmorgen im Januar. Handy am Ohr, telefonierend, warte ich auf die S-Bahn. Zwei Männer kommen die Treppe herunter. Sehen lustig aus. Rund beide, dick eingepackt in Wetterjacken und Pudelmützen, wackeln sie mir entgegen. Sanfte Gesichter, denen etwas liebenswert Unerwachsenes anhaftet, ziehen vorbei. Ich rede weiter, aber – huch – was machen die da? Den Rücken an die Wand gepresst, Arme seitwärts ausgestreckt, hangeln sich die zwei an dem rot geränderten Schild vorbei, das sagt: Durchgang verboten. Hier endet der Bahnsteig, gefährlich schmal geht es weiter, in den Tunnel hinein. „Warte mal, ich ruf’ zurück“, sage ich. Handy weg, Kopf frei. Ist denn sonst niemand hier, der das beobachtet hat? Ein Paar mit Koffern studiert den Fahrplan. Kein Bahnangestellter ist zu sehen. Ein Blick zur Anzeige: S1 fährt in 2 Minuten. Also vorwärts, den Kopf um die Ecke gesteckt. „Hallo?“ – „Hallo?“, tönt es zurück. „Was machen Sie denn da?“ Getuschel. Zaghafter nun antwortet es: „Nur mal gucken.“ „Ich glaube, Sie kommen jetzt besser da raus“, rufe ich. Kurz darauf tastet sich eine Hand, ein Arm, ein ganzer Kerl und schließlich noch einer aus dem Tunnel. „Wir wollten nur mal gucken“, wiederholt der Erste mit großen Augen. Der Zweite nickt heftig. Der Zug rollt ein.

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