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Unser Leser meldet sich immer wieder bei seinen Freunden - sie melden sich aber kaum bei ihm.

© Markus Scholz/dpa

Kolumne Sonntagsfragen: Ruf doch mal wieder an!

Die Freunde unseres Lesers melden sich nicht mehr bei ihm. Wie soll er damit umgehen? Unsere Kolumnistin meint: Weniger ist manchmal mehr.

Man hat Freunde, die man seit der Schule kennt, man hat Kollegen, die einen im Berufsleben begleitet haben, man hat sonstige Bekannte. In Berlin trifft man sich unregelmäßig, mit den Personen, die nicht in Berlin sind, telefoniert man. Irgendwann kam der Punkt, wo mir auffiel, dass immer ich derjenige war, der anrief, auch um Termine zu machen. Ich habe mich dann mal in Enthaltsamkeit versucht und musste leider feststellen, dass sich die meisten meiner guten Bekannten nicht mehr meldeten. Also meldete ich mich auch nicht mehr. Erfolg: Mein Bekanntenkreis ist in den letzten drei Jahren sehr geschrumpft. Das wurmt mich! - Ansgar, verlassen

Einen Freundes- und Bekanntenkreis zu pflegen, kostet immer viel Kraft und oft auch Überwindung. Manch einer oder eine kann diese Kraft nicht aufbringen. Vielleicht gilt es einen anspruchsvollen Job mit einer Familie in Einklang zu bringen, vielleicht müssen gerade Lebenskrisen bewältigt werden. Es gibt auch Menschen, die von Natur aus schüchtern und zurückhaltend sind und aus falsch verstandener Rücksichtnahme andere nicht anrufen, weil sie Angst haben zu stören.

Also muss es keineswegs böser Wille sein, wenn sich die Freunde nicht melden. Natürlich liegt es nahe, Beziehungen auf den Prüfstand zu stellen, wenn die Balance nicht mehr stimmt. Sich beleidigt zurückzuziehen, weil alle sich nie melden, ist aber auch nicht der richtige Weg. Warum überlegen Sie sich nicht mal im Stillen, an welchen Menschen Ihnen wirklich ernsthaft etwas liegt, auf welche Kontakte Sie nicht verzichten mögen?

Da lohnt es sich doch, auch weiterhin Anstrengungen zu unternehmen, um Treffen zu ermöglichen oder wenigstens einen Austausch am Telefon. Andere alte Bekannte, die Sie nur aus Nostalgiegründen kontaktieren, die Ihnen nicht wirklich etwas geben oder sagen, können dagegen besten Gewissens vernachlässigt werden. Ziehen Sie sich nicht auf eine passive Position zurück. Gestalten Sie das Leben auch mit Ihren Freunden und Bekannten. Weniger ist manchmal mehr, das ist schon richtig. Bloßes Aufrechnen der Kontakte hilft aber auch nicht weiter.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an: meinefrage@tagesspiegel.de

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