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Berlin: Rutschen mit Kippe

Im Sand der Spielplätze sammeln sich Zigarettenreste, die für Kleinkinder gefährlich werden können. Der Protest nimmt zu

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Von der Kneipe bis zum Spielplatz – die Nichtraucherlobby geht zurzeit auf breiter Front gegen Raucher vor. In öffentlichen Gebäuden sowie in Gaststätten, Kneipen und Diskos darf künftig in Berlin nicht mehr gequalmt werden, das ist so gut wie beschlossen. Noch in diesem Jahr will die rot-rote Koalition ein entsprechendes Nichtraucherschutzgesetz verabschieden. Doch nun fordern Elterninitiativen in den Bezirken auch ein Rauchverbot auf öffentlichen Spielplätzen. Dabei geht es ihnen weniger um den belästigenden Rauch, der im Freien schnell abzieht. „Wir kämpfen gegen die nikotinhaltigen Kippen, die auf manchen Spielplätzen sogar im Sandkasten in großer Zahl herumliegen“, sagt Johannes Spatz vom Projekt „Rauchfrei in Friedrichshain-Kreuzberg“.

Mitarbeiter des vom Bezirk unterstützten Projektes haben allein auf dem Spielgelände am Hohenstaufenplatz innerhalb eines Tages mehrere Tausend Zigarettenstummel gesammelt. Ausgekippt ergaben sie einen eindrucksvollen Haufen. Dieses „Corpus Delicti“ dient Johannes Spatz und Kreuzbergs Gesundheitsstadtrat Knut Mildner-Spindler (SPD) nun als Beweisstück bei ihrem Ruf nach einem Spielplatzrauchverbot. „Wenn Kleinkinder solche Stummel verschlucken, kann das Nikotin für sie lebensgefährlich sein“, sagt Mildner-Spindler.

Deshalb wird ein Rauchverbot auf Spielplätzen zurzeit auch in anderen bundesdeutschen Städten diskutiert. Konkret gilt es bereits in Magdeburg. Dort ist die Zigarette seit mehr als einem Jahr in Gegenwart der spielenden Kinder untersagt. In Hamburg plant man ein Pilotprojekt auf 118 Spielplätzen des Stadtteiles Wandsbek. Doch auch in Berlin gibt es ein Vorbild: Im August 2006 verbot Charlottenburg-Wilmersdorf das Rauchen auf allen öffentlichen Spielplätzen und machte damit „gute Erfahrungen“, wie der zuständige Stadtrat Marc Schulte (SPD) betont: „Seither wird dort weitaus weniger geraucht.“

Rechtsgrundlage ist das Hausrecht des Bezirks auf seinen Spielanlagen. Einfacher wäre es allerdings, das Rauchverbot gleich im Grünanlagengesetz des Landes Berlin festzuschreiben, sagen Kommunalrechtsexperten – wie das Hundeverbot in Berliner Parks. Dann würde es nach einem entsprechenden Beschluss des Abgeordnetenhauses in der ganzen Stadt verbindlich gelten. Eine weitere Möglichkeit wäre das geplante Landesgesetz zum Schutze der Nichtraucher. Dessen Entwurf wird zurzeit in der Senatsgesundheitsverwaltung erarbeitet. Ein generelles Rauchverbot auf Spielplätzen ist darin aber bisher nicht vorgesehen.

Wer in Charlottenburg-Wilmersdorf neben der Schaukel qualmt, riskiert Platzverweise oder Bußgeldbescheide in zwei- bis dreistelliger Höhe. Allen Befürwortern des Verbotes ist allerdings klar, „dass es sich nur sehr lückenhaft überwachen lässt“, so der Kreuzberger Gesundheitsstadtrat Mildner-Spindler. Gleichwohl hält er es für sinnvoll, „Sanktionen wenigstens anzudrohen“. Alleine dadurch mache man notorischen Rauchern unmissverständlich klar: „Mit Kippe seid ihr hier unerwünscht. Ihr solltet den Kindern besser ein Vorbild sein.“

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