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Das Kriminalgericht in Moabit, Berlin-Mitte.

© IMAGO/Schoening

Sagt Marvin S. doch aus?: Prozess um Vergewaltigung einer Berliner Schülerin – Plädoyers verschoben

Im Prozess um Vergewaltigung und schwere Körperverletzung einer Schülerin denken die Verteidiger über eine Aussage ihres Mandanten nach. Der Angeklagte zeigt sich amüsiert.

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Der Angeklagte ging amüsiert aus dem Gerichtssaal. Statt der erwarteten Plädoyers hatten seine Verteidiger am Montag mitgeteilt: „Wir denken über eine Einlassung unseres Mandanten nach.“ Zwei Monate lang saß der 38-jährige S., der eine Abiturientin in seine Wohnung gelockt, ihr Drogen verabreicht und die bewusstlose Frau schwer misshandelt haben soll, schweigend auf der Anklagebank. Am morgigen zehnten Prozesstag wird sich zeigen, ob S. doch aussagt. Und ob es bei der geplanten Verkündung eines Urteils am Nachmittag bleibt.

Was ist bekannt über den mutmaßlichen Vergewaltiger, gegen den inzwischen eine zweite Anklage vorliegt? Ein psychiatrischer Gutachter kam zu Wort. Marvin S. hatte sich nicht auf ein Gespräch eingelassen. Der Sachverständige stützte sich nun auf Angaben von Zeuginnen und einem umfangreichen Bildmaterial, das bei S. gefunden wurde.

Als charmant und manipulativ sei er beschrieben worden, so der Gutachter. Es gebe Hinweise, „dass es ihn anspricht, mit leblos wirkenden Personen sexuell zu agieren.“ Aus Fotos und Videos sei ein „Fetischismus bezogen auf Füße“ zu erkennen. S. habe auch Kinder auf Füße und Schuhe angesprochen.

380.000 Euro aus dem Familienbetrieb für Drogen abgezweigt

Er stammt aus einer gut situierten Familie, wuchs behütet in Steglitz auf. Marvin S. studierte, erlangte einen Bachelor-Abschluss und leitete dann gemeinsam mit seinem Vater den Familienbetrieb. Er bezog eine Dreizimmerwohnung im selben Mehrfamilienhaus wie seine Eltern. Seit Jahren konsumiere er Drogen, vor allem Kokain, so der Gutachter. Es habe sich gesteigert, bis zu 1000 Euro am Tag soll S. dafür ausgegeben haben. Er habe schließlich rund 380.000 Euro aus der Firma für sich abgezweigt. Der Gutachter schloss eine verminderte Schuldfähigkeit wegen Intoxikation durch Drogen nicht aus.

Marvin S. soll die damals 20-Jährige in der Nacht zum 22. April 2022 in seiner Steglitzer Wohnung mit einem Kokain-Heroin-Gemisch betäubt, sie über Stunden hinweg misshandelt und vergewaltigt haben. Den Körper der Bewusstlosen habe er beschmiert mit abwertenden Beleidigungen. Die Taten soll er zum Teil gefilmt haben.

Als die Abiturientin am nächsten Tag halb tot in seiner Wohnung lag, wählte er den Notruf. Ihr Herz stand still. Zwölf Minuten lang wurde sie reanimiert. Trotz der Auffälligkeiten gingen Polizisten zunächst nicht von einer Straftat aus. Die Version von S., es habe sich um eine Art Drogen-Unfall gehandelt, wurde akzeptiert, mögliche Beweise nicht gesichert. Die Familie der jungen Frau aber bestand auf einer Strafverfolgung.

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