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Saubere Sache in Kreuzberg: Die Gartenpartner

Auf einem Innenhof an der Naunynstraße beackern die Bewohner der Degewo-Siedlung ihren Mietergarten Den nutzen nun alle, pflanzen, pflegen, ernten. Am Aktionstag sind die Kreuzberger Mieter mit dabei.

Am 15. September machen Degewo- Mieter von 11 bis 13 Uhr am Mariannenplatz und den Grünflächen rundherum sauber. Helfer sind willkommen.

Sie wollen mitmachen, aber an anderer Stelle aktiv werden? Hier können Sie Ihre eigene "Saubere Sache"-Aktion anmelden und mit dem Tagesspiegel in Kontakt treten.

In Sandalen steht Edegbe Andy Ugbogbo zwischen den Gewächsen und pflückt Tomaten. Sie sind fürs Abendessen, es gibt Tomatensuppe mit Reis für die sechsköpfige Familie. Eine Handvoll praller Cocktailtomaten hat er eben geerntet, und er muss sie nur ein paar Schritte bis in die Wohnung tragen. Edegbe Andy Ugbogbo ist einer von hunderten Mietern in diesem Innenhof, in dem sich eine Wohnung an die andere reiht. An den Satellitenschüsseln der Hausnummer 6 bis 8 kann man abschätzen, wie viele Familien hier leben.

Ins Zentrum dieser Betonwüste, mitten in einen Innenhof der Kreuzberger Naunynstraße hinein, der auf der anderen Seite von Häusern der Waldemarstraße eingefasst wird, hat die Wohnungsbaugesellschaft Degewo auf Wunsch der Mieter einen Garten angelegt, ein bepflanztes Karree obendrauf auf der Tiefgarage. Eben feiern sie Mieterfest im „Sonnengarten“, der seit Mitte April eröffnet ist. Hier wachsen Blumen, vor allem aber Gemüse und Kräuter. Die Degewo hat die Beete vorbereitet, stellt Erde und Samen zur Verfügung, den Rest erledigen die Mieter. Je fünf Quadratmeter bekamen interessierte Parteien zur freien Verfügung, insgesamt sind es 30 Mieterbeete, außerdem gibt es ein Beet, das eine nahe gelegene Kita bepflanzt, ein Beet des Quartiersmanagements, ein Kräuterbeet für alle und einen Streifen mit Rosen, was fürs Auge. Wo zuvor nur ein bisschen Gras und Sträucher wuchsen, türmt sich jetzt der Mais, dazwischen Sonnenblumen, weiter unten blitzen Tomaten, schwarze Paprika, gelbe Zucchini.

Am Anfang waren alle unsicher, ob das Experiment klappen würde. Jetzt rufen auch Mieter der anderen Degewo-Häuser aus den zwei angrenzenden Innenhöfen bei der Hausverwaltung an und wollen ihr eigenes Beet.

Die Degewo prüft, ob es dort ein ähnliches Projekt geben kann. Im „Sonnengarten“ gibt es einen festen Pflegeplan, aber wenn ein Mieter sich den Schlauch schnappt und die Beete gießt, kommen meist sofort die Nachbarn und helfen. Wenn einer im Urlaub ist, übernimmt der Nachbar die Pflege des Beetes, dafür teilen sie sich Kräuter und Gemüse. Man kennt sich jetzt, schließlich gibt es eine gemeinsame Aufgabe.

Edegbe Andy Ugbogbo wohnt seit sieben Jahren mit seiner Frau und den vier Kindern hier. Die Gemeinschaft war noch nie so gut, sagt er. Seine Kinder haben neue Freunde gefunden, mit denen sie im Garten spielen. Jetzt holt er seine Nachbarin herbei und zeigt ihr ein Gewächs in seinem Beet: „Das ist Zitronentee.“ Meflude Kuzu ist Hausbewohnerin seit 32 Jahren. Ugbogbo pflückt ein bisschen Tee und riecht daran. Neulich hat er seiner Frau etwas davon aufgegossen, wegen ihrer Bauchschmerzen. Das hat ihr gutgetan.

Kleiner Arbeitseinsatz. Familie Ugbogbo ist genauso bei der Pflanzenpflege dabei wie die vielen anderen Mieter in der Naunynstr. 5 bis 8 in Kreuzberg. Die Degewo hat dort auf Wunsch der Anwohner einen Gemeinschaftsgarten angelegt. Nun kann gemeinsam geerntet werden. Mittendrin: Stadtteilmanagerin Nesrin Demir.
Kleiner Arbeitseinsatz. Familie Ugbogbo ist genauso bei der Pflanzenpflege dabei wie die vielen anderen Mieter in der Naunynstr. 5 bis 8 in Kreuzberg. Die Degewo hat dort auf Wunsch der Anwohner einen Gemeinschaftsgarten angelegt. Nun kann gemeinsam geerntet werden. Mittendrin: Stadtteilmanagerin Nesrin Demir.

© Doris Spiekermann-Klaas

In ihrem Leitbild hat die Degewo festgehalten, sie wolle Verantwortung für die Stadt übernehmen; in Problemkiezen setzt sie Stadtteilmanager ein. Auf der Fläche des jetzigen Mietergartens lag früher viel Müll, der Geräuschpegel war hoch, sagt Stadtteilmanagerin Nesrin Demir. Jetzt sorgen die Mieter für Ordnung, das senke auch die Betriebskosten.

Beim Tagesspiegel-Aktionstag „Saubere Sache“ ist die Degewo mit dabei. Sie organisiert am 15. September eine Putzaktion am nahen Mariannenplatz in Kreuzberg. In dessen Umgebung verfügt sie über mehr als 1200 Wohnungen. Kinder dürfen zum Basteln mitkommen und staunen, was man aus scheinbar nutzlosen Gegenständen so alles machen kann.

Im „Sonnengarten“ organisiert die Wohnungsbaugesellschaft regelmäßig Gartenfeste. An diesem Tag etwa ist Umweltpädagogin Regina Höfele eingeladen, die mit den Kindern Kräuter pflückt und daraus im aufgestellten Pavillon zwischen den Beeten Kräuterbutter macht. „Die Kinder sollen lernen, dass ihr Essen nicht im Supermarktregal wächst“, sagt sie. Im Beet des Quartiersmanagements wachsen Erdbeeren, daraus haben die Nachbarskinder schon gemeinsam Marmelade gekocht. Im Oktober soll es ein großes Erntefest geben, die Beete werden dann winterfest gemacht. Doch eigentlich haben die Mieter Feste und Treffen längst selbst in die Hand genommen. Anwohnerin Nesrin Özkazanc freut sich schon, wenn der Ramadan vorbei ist, dann kommen nachmittags wieder mehr Frauen zum Tee- und Kaffeetrinken. Gerade kommt ihre siebenjährige Tochter Cansu vorbei und präsentiert ein Fladenbrot mit der selbst gemachten Kräuterbutter. „Lecker!“, sagt sie.

Wenig später hüpft sie mit der Nachbarstochter vorbei, die beiden spannen zwischen sich einen großen Müllsack auf und fangen an, die Abfälle des gemeinsamen Nachmittags aufzusammeln. Schließlich soll ihr grüner Spielplatz sauber bleiben.

Am 15. September machen Degewo- Mieter von 11 bis 13 Uhr am Mariannenplatz und den Grünflächen rundherum sauber. Helfer sind willkommen.

Sie wollen mitmachen, aber an anderer Stelle aktiv werden? Hier können Sie Ihre eigene "Saubere Sache"-Aktion anmelden und mit dem Tagesspiegel in Kontakt treten.

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