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Berlin: Schlag auf Schlag, Loch auf Loch

Durch große Temperaturschwankungen gibt es noch mehr Straßenschäden als sonst – für Reparaturen fehlt das Geld

Jeder Autofahrer hat sein Beispiel parat für die Straße mit den meisten Schlaglöchern: Die Bismarckstraße vor dem Ernst-Reuter-Platz, die Aroser Allee in Reinickendorf oder die Glinkastraße in Mitte oder auch die Stralauer Allee. In Zehlendorf wurde jetzt auf der Lindenthaler Allee zwischen Potsdamer Chaussee und Mexikoplatz der mittlere Fahrstreifen gesperrt – wegen zu starker Straßenschäden und der damit verbundenen Unfallgefahr. Die Warnung wurde gestern vom Verkehrsfunk verbreitet.

Die Baukammer Berlin erwartet, dass es in diesem Winter noch mehr Schäden gibt als sonst. Denn das Wetter wechselte ständig zwischen tiefem Frost und milden Temperaturen. „Je mehr Tauperioden es gibt, desto schlimmer wird es“, sagt Marco Ilgeroth von der Baukammer. Schon jetzt seien „60 bis 70 Prozent des Berliner Straßennetzes wesentlich geschädigt“. Der Schlagloch-Experte ärgert sich: „Im vergangenen Jahr hat der Senat null Euro in eine vernünftige Sanierung investiert.“ 1993 hatte das Land noch 66,6 Millionen Euro für die Straßenunterhaltung bereitgestellt, im Jahr 2000 seien es noch 36,1 Millionen Euro gewesen. Die Baukammer Berlin, ein Zusammenschluss von Architekten und Bauingenieuren, befürchtet, dass Berlin sein etwa 5300 Kilometer langes Straßennetz verkommen lasse. Gut 100 Millionen Euro müssten jetzt bereitgestellt werden, um das Netz vernünftig zu reparieren.

Für die Reparatur der Straßen seien zwar die Bezirke zuständig, aber das Land teile das Geld zu – oder eben nicht. Angesichts der Finanzsituation habe die Baukammer sogar Verständnis, dass die Bezirke ihr letztes Geld lieber in eine Kita investierten. Derzeit würden die Bezirke nur noch im äußersten Notfall Schlaglöcher flicken, aber auch erst dann, wenn ein Unfall passiert sei oder sich ein Anwohner massiv beklage.

Dann werde das Schlagloch „mit etwas Asphalt zugeschmiert“ – was den Schaden langfristig jedoch nur vergrößert. Durch die Fugen dringt nur weiteres Wasser in die Fahrbahn ein, das bei Frost gefriert und alles wieder aufplatzen lässt. Das ist „Flickschusterei“, kritisiert Ilgeroth, die langfristig teurer sei, als Kredite für eine vernünftige großflächige Asphaltierung der Fahrbahndecken aufzunehmen.

Doch tatsächlich werden vor allem Schilder „Vorsicht Straßenschäden“ aufgestellt. So wollen die Bezirke vermeiden, von Autofahrern verklagt zu werden, die sich bei der Fahrt durch ein Schlagloch ihr Auto ruiniert haben. In Tempelhof-Schöneberg zum Beispiel wurden im vergangenen Jahr über 400 derartige Schilder aufgestellt. Im Herbst hatte der Bezirk mitgeteilt, dass immer mehr Regressforderungen im Rathaus eingingen. In den ersten neun Monaten waren es schon 34 – von Auto- und Fahrradfahrern.

Die Baukammer denkt nicht nur an Autofahrer – und fordert mehr Geld für die Reparatur von Radwegen. Denn durch die schlechte Qualität würden viele Radler auf der Fahrbahn fahren, „was auch nicht Sinn der Sache sei“. Der Fahrradverband ADFC betont dagegen, dass durch die Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht Radfahrer seit 1998 fast überall die Straßen benutzen dürfen.

Straßensperrungen im Internet:

www.berlinonline.de/verkehrsticker/_bin/polizei-faxabruf.php

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