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Große Parteien stehen ganz oben, dahinter kommen die Kleinen. Momentan ist unklar, ob die Kleinparteien zur Abgeordnetenhauswahl antreten können.

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Schlechte Chancen für kleine Parteien: Verfassungsgericht kippt Berliner Corona-Wahlrecht

Um kleinen Parteien die Teilnahme an den Wahlen trotz Pandemie zu ermöglichen, änderte Berlin das Wahlrecht. Dieses wurde nun vom Verfassungsgericht gekippt.

Die wegen Corona gerade geänderten Regeln zur Teilnahme kleiner Parteien an den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen sind verfassungswidrig. Sie müssen nun noch einmal überarbeitet werden. Das entschied der Berliner Verfassungsgerichtshof in mehreren am Donnerstag veröffentlichten Beschlüssen.

Konkret rügten die Richter die Vorgaben im Wahlgesetz für die Zahl der Unterstützerunterschriften, die nicht im Parlament vertretene Parteien beibringen müssen. Unter den außergewöhnlichen Bedingungen der Corona-Pandemie, in denen Kontakte so weit wie möglich vermieden werden müssten, seien die Quoren zu hoch.

Das Verfassungsgericht regte eine Absenkung auf 20 bis 30 Prozent des Niveaus vor der Corona-Krise an. Das Abgeordnetenhaus hatte hingegen am 11. Februar eine Halbierung der Mindestzahl beschlossen, also eine Absenkung um 50 Prozent. Für das Einreichen von Wahlkreisvorschlägen sollten demnach 25 Unterschriften, für Bezirkslisten 100 und für Landeslisten 1100 Unterschriften nötig sein.

Dagegen geklagt hatten fünf kleinere Parteien: ÖDP, Piratenpartei, Freie Wähler, Tierschutzpartei und Mieterschutzpartei. Sie sahen ihr Recht auf Chancengleichheit verletzt. Das Verfassungsgericht sah das im speziellen Fall der Corona-Pandemie als begründet an, so dass das Gesetz nun geändert werden muss.

Nach Angaben der SPD im Abgeordnetenhaus verständigten sich alle Fraktionen darauf, das zügig anzugehen. Bei der nächsten Parlamentssitzung am Donnerstag (25.3.) ist bereits die erste Lesung des Gesetzesänderung geplant. Eine Beschlussfassung wäre dann bei der übernächsten Sitzung am 22. April möglich.

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Auf dem Tisch liegt nach dpa-Informationen aber auch der Vorschlag einer Sondersitzung des Abgeordnetenhauses zu einem früheren Zeitpunkt. Die Zeit drängt jedenfalls. Noch bis 20. Juli haben die Parteien Zeit, Unterstützerunterschriften für die Wahlen am 26. September zu sammeln.

Der Verfassungsgerichtshof stellte fest, dass den Parteien eine Unterschriftensammlung durch persönliche Kontaktaufnahme nicht zuzumuten sei, solange die Corona-Beschränkungen weiterbestehen. Das Werben um Unterschriften basiere maßgeblich auf dem persönlichen Kontakt und der spontanen Gesprächsaufnahme mit fremden Personen auf der Straße, auf öffentlichen Plätzen und anlässlich von Veranstaltungen. „Dies steht im Widerspruch zu den Zielen der Corona-Regelungen, deren hauptsächliches Anliegen es ist, einen Aufenthalt im öffentlichen Raum und eine persönliche Kontaktaufnahme zu haushaltsfremden Personen zu vermeiden.“

Unterschriftensammlung auch digital möglich

Das Sammeln von Unterschriften ist nach Auffassung der Richter auch ohne persönlichen Kontakt möglich, etwa über das Internet - aber schwierig. Deshalb sei davon auszugehen, dass auch bei einer weiteren Absenkung der Unterschriftenquoren „eine Beschränkung des Wahlaktes auf ernsthafte Bewerber sichergestellt ist und der Gefahr der Stimmenzersplitterung hinreichend vorgebeugt wird“.

„Wir bedanken uns für die Hinweise des Gerichts und setzen uns dafür ein, dass sie zügig umgesetzt werden“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Torsten Schneider, der Deutschen Presse-Agentur. Sein AfD-Kollege Frank-Christian Hansel sagte: „Ich erwarte eine kurzfristige Einigung auf eine Formel, die vom Verfassungsgerichtshof nicht mehr zu beanstanden sein wird. Selbstverständlich wird die AfD-Fraktion einer entsprechenden pandemiebedingten Herabsetzung des entsprechenden Quorums zustimmen.“

Ähnlich äußerte sich der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Paul Fresdorf: „Wir haben die bisherige Regelung nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes des Landes Baden-Württemberg als ausreichend erachtet.“ Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes müsse das Quorum für die Unterstützungsunterschriften nun an den vom Gericht festgelegten Korridor angepasst werden. (dpa)

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