zum Hauptinhalt
Das Essen in Berliner Schulen genügt oft nicht den Qualitätsstandards.

© dpa

Mangelhafte Verpflegung: Berliner Schulessen: Zu billig, um gut zu sein

Eine neue Studie im Auftrag des Senats offenbart: Die Verpflegung an Berliner Schulen genügt den Qualitätsanforderungen nicht. Um das zu ändern, müssten der Finanzsenator oder die Eltern erheblich tiefer in den Geldbeutel greifen - der Mehraufwand lässt sich beziffern.

Was viele Eltern, Lehrer und Schüler schon lange vermuteten, haben sie jetzt schwarz auf weiß: Das Berliner Schulessen ist zu billig, um gut zu sein. „Die Qualitätsanforderungen werden nur zum Teil realisiert“, heißt es in einer Studie im Auftrag der Bildungsverwaltung und der AOK Nordost, die am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Das Problem ist der Preis. Das Forscherteam der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften hat bei seinen Befragungen der Schulen und Caterer ermittelt, dass in Berlin im Schnitt je nach Schultyp zwei Euro bis 2,45 Euro pro Mittagessen bezahlt werden. Tatsächlich müsste der Preis aber zwischen 3,17 Euro und 4,25 Euro liegen, wenn man alle Ausgaben und Qualitätsanforderungen in Form von Modellrechnungen zugrundelegt.

Auf die Frage, warum die tatsächlichen Preise derart von den Modellrechnungen abweichen, geben die Forscher mehrere Antworten. Dazu gehört, dass die Anforderungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung unterlaufen werden. So würden die Empfehlungen hinsichtlich der Lebensmittelauswahl „nur zum Teil erfüllt“. Zudem könnte es sein, dass die Caterer beim Personal sparen. Vor allem aber sparen sie bei ihren Gewinnen: Während die Modellrechungen den Gewinn bei acht Prozent ansetzen, was wohl als üblich gilt, gaben die Berliner Caterer an, nur ein bis zwei Prozent Gewinn gemacht zu haben. Anders hätten sie ihr Essen nicht so billig anbieten können, wie die Bezirke es verlangten.

Wie berichtet, haben die führenden Berliner Caterer inzwischen die Konsequenzen gezogen. Mit Hinweis auf gestiegene Lebensmittelpreise boykottierten sie im Frühjahr die Ausschreibung des Schulessens in Friedrichshain-Kreuzberg. Fünf Schulen wären beinahe leer ausgegangen, wenn ein kleinerer Caterer nicht im letzten Moment eingesprungen wäre. Bildungsstadtrat Peter Beckers (SPD) sagte denn auch, er begrüße die Studie und die gelieferte Analyse der Kosten- und Preisstrukturen. Allerdings fürchte er, dass wieder ein „Preiskampf“ losgehe und frage sich, wie künftig verhindert wird, dass die Qualität leidet.

Auch für diesen Punkt haben die Forscher Tipps gegeben. Alle vom Hausmeister bis zum Schulleiter müssten einbezogen werden, um die Qualität im Auge zu behalten. Aber nicht nur das: „Die Schule muss lernen, die Verpflegung nicht als ,Nebenbei‘ zu begreifen, sondern aktiv in den Schulalltag einzuplanen“, wird empfohlen. So könnten viele Aktivitäten über die Mensa laufen, hier lernten Schülerinnen und Schüler auch soziales Verhalten.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) betonte am Donnerstag, ein teures Schulmittagessen sei „nicht gleichbedeutend mit einem qualitativ besseren Schulmittagessen“. Berlin brauche eine Qualitätsdebatte. Cornelia Partmann von der AG Schulessen des Landeselternausschusses hofft, dass eine höhere Qualität des Essens dazu führt, dass mehr Kinder essen.

Unklar ist jetzt, woher das zusätzliche Geld kommen soll. Wenn man davon ausgeht, dass pro Tag etwa 150 000 Schüler essen, wird deutlich, dass der Finanzsenator oder die Eltern erheblich tiefer in den Geldbeutel greifen müssen. Partmann verwies auf das Beispiel Hamburg, wo die Eltern einkommensabhängig am Preis beteiligt werden. In Berlin zahlen alle Eltern gleich viel, Bedürftige können vom Teilhabepaket profitieren.

Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Berlin veranstaltet in Kooperation mit dem Bildungsausschuss des Abgeordnetenhauses und der Senatsbildungsverwaltung am 24. September die Fachtagung „Berliner Schulverpflegung 2.0 - eine Qualitätsoffensive“. Dort soll mit Schulträger und Caterern gemeinsam „die derzeitige Qualität der Berliner Schulverpflegung und Perspektiven ihrer Weiterentwicklung“ diskutiert werden.

Die vollständige Studie können Sie hier als Pdf-Datei herunterladen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false