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Neues Schuljahr in Berlin: Weniger als die Hälfte der neuen Lehrkräfte ist voll ausgebildet
Nur knapp 1300 der etwa 3000 neu eingestellten Lehrerinnen und Lehrer in Berlin sind fertige Lehrkräfte. Dafür sind laut Schulsenatorin weniger Lehrerstellen offen als sonst – doch die Opposition widerspricht.
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Erneut ist weniger als die Hälfte der knapp 3000 neu eingestellten Lehrkräfte in Berlin fertig ausgebildet. Wie Schulsenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) am Mittwochmittag anlässlich des beginnenden neuen Schuljahres mitteilte, wurden seit dem Stichtag 1. November 2023 1273 fertige Lehrerinnen und Lehrer eingestellt.
Hinzu kommen 409 sogenannte Quereinsteiger:innen, die ihre Lehrerausbildung berufsbegleitend absolvieren und danach ebenfalls „vollwertige“ Lehrkräfte sind. Der Rest der Neueingestellten setzt sich zusammen aus Ein-Fach-Lehrer:innen, die ohne Lehramtsausbildung nur ihr eigenes Studienfach unterrichten, sogenannten Seiteneinsteiger:innen, die weder ein Schulfach studiert noch eine Lehramtsausbildung haben, und Studierenden.
Insgesamt sind, wie bereits Ende der vergangenen Woche bekannt wurde, in Berlin noch etwa 690 Lehrerstellen offen – so zumindest die Rechnung von Günther-Wünsch, die sich über eine Verringerung im Vergleich zum vergangenen Jahr freute; damals betrug die angegebene Zahl der noch offenen Stellen 1500. Günther-Wünsch sagte, 690 sei „eine Zahl, die zumindest erahnen lässt, dass die ersten von uns eingeleiteten Maßnahmen greifen“.
Die Opposition warf der Schulsenatorin hingegen Schummelei mit den Zahlen vor. Die Bildungsexpertin der Linke-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Franziska Brychcy, teilte die Ergebnisse aus einer ihrer schriftlichen Anfragen an die Bildungsverwaltung mit. Aus dieser gehe hervor, dass „341 Lehrkräftestellen in andere Professionen umgewandelt wurden, die zwar wichtige unterstützende Aufgaben übernehmen, aber keinen Unterricht erteilen. Die umgewandelten Lehrkräftestunden fehlen de facto gemäß Zumessung weiterhin.“
Weitere 160 Stellen fielen aus der Berechnung, weil Referendar:innen in Zukunft zehn Stunden pro Woche unterrichten müssen, statt wie bisher sieben. Außerdem seien weniger Stellen offen, weil die Bildungssenatorin bereits vor den Sommerferien angekündigt hatte, 310 Lehrerstellen für sogenannte Profilstunden zu streichen – also Wahlpflichtfächer und Förderstunden.
Zusammengerechnet mit den angegebenen offenen Stellen ergebe das eine Gesamtanzahl von 1501, mithin genauso viele offene Stellen wie im vergangenen Jahr. Louis Krüger von der Grünen-Fraktion schloss sich Brychcys Kritik an und nannte Günther-Wünschs Angaben „nicht nur irreführend, sondern unverantwortlich“. Es brauche eine „ehrliche Bestandsaufnahme“, sagte der Bildungssprecher.
Berlin kann es sich nicht leisten, auch nur auf einen Schulplatz zu verzichten.
Katharina Günther-Wünsch (CDU), Bildungssenatorin
Berlin hat nicht nur mit dem bundesweiten Lehrermangel zu kämpfen, sondern wie berichtet auch mit der Tatsache, dass allein im vergangenen Schuljahr knapp tausend Lehrkräfte gekündigt haben – und das, obwohl Berlin seit 2023 wieder verbeamtet. Neben der Gewinnung und Bindung von Lehrkräften setzte Günther-Wünsch noch zwei weitere Schwerpunkte für das neue Schuljahr: Bildungsqualität und eine ungebremste Fortsetzung des Schulplatzausbaus. Letzteres Ziel sei bei den kommenden Verhandlungen zu den Haushaltskürzungen für sie zentral, betonte Günther-Wünsch: „Berlin kann es sich nicht leisten, auch nur auf einen Schulplatz zu verzichten.“
In der Tat hat Berlin im kommenden Schuljahr extrem viele Schüler:innen: Die 400.000-Marke wurde das letzte Mal vor 25 Jahren übersprungen. Mit rund 37.070 bleibt die Zahl der Erstklässler:innen ungefähr so hoch wie im vergangenen Schuljahr. Ende des vergangenen Schuljahres lernten rund 12.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche in sogenannten Willkommensklassen. Günther-Wünsch betonte, dass zahlreiche Geflüchtete inzwischen aber auch schon in Regelklassen integriert seien, so etwa 6000 junge Ukrainer:innen.
Um die Bildungsqualität zu erhöhen – hier geht es insbesondere darum, die katastrophalen Lese- und Mathekompetenzen bei Berliner Schüler:innen zu verbessern – sollen in diesem Schuljahr zunächst 400 Fachleitungsstellen für Deutsch und Mathematik an Grundschulen besetzt werden. Hier sollen zuerst die Grundschulen zum Zug kommen, an denen die entsprechenden Vergleicharbeiten besonders schlecht ausgefallen sind. Weitere 400 Stellen sollen für 2025/2026 ausgeschrieben werden, kündigte die Schulsenatorin an.
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