zum Hauptinhalt
Was bewegen. Berliner Jugendliche demonstrieren im Mai bei „Fridays for Future“. Ihr Beispiel zeige, „dass ihre Stimme zählt“, sagt Schülersprecherin Eileen Hager.

© Kay Nietfeld/dp

Berliner Landesschülersprecherin verabschiedet sich: Traut euch, mitzumischen!

Schon früh merkte Eileen Hager: Wer sich engagiert, kann etwas verändern. Das blieb so bis zum Abitur. Jetzt braucht Berlin eine neue Landesschülersprecherin.

Schon in der dritten Klasse ging es los; da wurde Eileen Hager zum ersten Mal Klassensprecherin. „Ich fand es spannend, zum einen die rechte Hand der Lehrkraft, zum anderen aber auch die Ansprechpartnerin für meine Klasse zu sein“, erzählt sie. „Außerdem habe ich gesehen: Ich kann etwas verändern!“ Losgelassen hat diese Aufgabe sie seither nicht mehr. Über die Jahre ging sie ihren politischen Weg an der Schule, wurde von der Klassen- zur Schulsprecherin und zur Jahrgangssprecherin. Ihr Einsatz ging auf Bezirksebene weiter, schließlich agierte sie auf Landesebene: Im Schuljahr 2018/2019 war sie Landesschülersprecherin in Berlin. Politisches Engagement gehört zu ihrem Alltag – aus Leidenschaft. Auch die Vorbereitung auf das Abitur konnte die Berlinerin davon nicht abhalten.

Politische Arbeit an der Schule kann viel bewirken, hat Eileen Hager im Laufe der Jahre gesehen. „Natürlich meine ich damit keine Revolution des Bildungssystems, aber man sieht einfach seine Erfolge und das motiviert.“ Besonders wichtig für sie: die Partizipation der Schülerinnen und Schüler erhöhen, auf Rechte im Schulgesetz aufmerksam machen und direkte Hilfe bei konkreten schulischen Themen leisten. „Viele wissen gar nicht, was sie dürfen, welche Rechte sie haben und was überhaupt möglich ist“, erzählt sie. Aufklärung ist wichtig, nur so können Schülervertretungen gestärkt werden. Gespräche zu führen gehört zu ihrem Alltag. Zuhören, was benötigt und gefordert wird, gemeinsam mit dem Landesschülerausschuss, dem LSA, über diese Forderungen reden, Wege suchen, andere Menschen erreichen.

Chancengleichheit ist ihr besonders wichtig

Ein Thema, das ihr besonders am Herzen liegt, ist die Chancengleichheit. „Jedes Kind sollte die gleichen Möglichkeiten auf seinem Bildungsweg haben, egal welchen Hintergrund es mitbringt“, unterstreicht sie, „das wären für mich ideale Zustände.“ Weitere Themen, die junge Leute derzeit beschäftigen, sind Digitalisierung, Mobbing, aber auch Geschlechtervielfalt. Und natürlich – sehr präsent in den Medien – der Klimaschutz. „Ich muss gestehen, dass ich nicht wirklich aktiv bei den „Fridays For Future“ mitgelaufen bin, dafür habe ich zu viele außerschulische Termine. Außerdem habe ich das Gefühl, dass meine eigene Lebensweise noch nicht nachhaltig genug ist, um dort wirklich mitzureden“, sagt sie selbstkritisch. Hier steckten andere thematisch mehr drin. Dennoch: Das Thema sei lebenswichtig und die Teilnahme an den Demonstrationen beeindruckend. „Zudem zeigt dieses Beispiel jungen Menschen, dass ihre Stimme zählt, dass sie gehört werden. Nur durch solche Erfolgserlebnisse bleibt man politisch am Ball.“

Eileen Hager startet demnächst in ihr Duales Studium.
Eileen Hager startet demnächst in ihr Duales Studium.

© Kai-Uwe Heinrich

Im Juni endet ihre Amtszeit, denn Eileen Hager hat gerade ihr Abitur an der Fritz-Reuter-Oberschule in Lichtenberg gemeistert. „Naja, gemeistert würden meine Eltern nicht unterschreiben“, sagt sie und lacht. Als Landesschülersprecherin hat sie Termine, gibt Workshops und vieles mehr. Da lief das Abi nebenher. Dennoch schaffte sie es mit einer Note von 2,2 und ist froh, dass sie den Abschluss in der Tasche hat. Denn auch der Freundeskreis kam in letzter Zeit ziemlich kurz.

Von der Politik macht sie erstmal ein Jahr Pause

Jetzt folgt erst mal ein Jahr „gar nichts machen“. Dieses „gar nichts“ bedeutet bei der 18-Jährigen, dass sie im August ihr Duales Studium der Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt auf Dienstleistungsmanagement aufnimmt und die Zeit bis dahin mit einem Bürojob überbrückt. „Der Job hält mich davon ab, einfach zuhause herumzusitzen“, sagt sie. Wirklich nichts tun, scheint also nicht ihr Ding zu sein.

Dennoch sieht sie die Zeit als Pause – als politische Pause. Denn dass es mit ihrem Engagement weitergeht, das ist sicher, die Frage ist nur wo. „Ich führe mit Parteien Gespräche und suche ein neues politisches Zuhause“, sagt Eileen Hager. Sie nutzt Kontakte, die sie durch die Arbeit im Bildungsausschuss geknüpft hat oder spricht direkt mit Abgeordneten. Mittlerweile hat sich ihr thematischer Schwerpunkt auf die Gleichberechtigung junger Frauen verlagert. Lediglich eine Partei kommt für sie nicht in Frage: „Mit der AfD spreche ich nicht. Dort sehe ich meine Themen nicht vertreten.“

Bis Juni bleibt sie noch Ansprechpartnerin rund um Fragen des LSA. „Doch hier wird es bald neue Gesichter und Personen geben – der Landesschülerausschuss bleibt natürlich erreichbar.“ Ein Hinweis, der ihr wichtig ist, denn sie möchte, dass Schülerinnen und Schüler auch weiterhin ihre Rechte vertreten. Ihr Rat an Jugendliche, die bisher nicht den Schritt gewagt haben, sich politisch zu engagieren: „Traut euch! Schreibt uns! Ruft uns an!“

Auf der Seite lsaberlin.de kann man Informationen sammeln und die passende Kontaktperson finden. Wichtig sei es, den ersten Schritt zu machen und dabeizubleiben. „Es ist wie mit dem Schwimmen: Wenn dir keiner zeigt, wie man schwimmt, kannst du auch nicht tauchen“, sagt Eileen Hager. Sie überlegt kurz: „Ich weiß gar nicht, von wem dieses Zitat stammt“, fügt sie lachend hinzu, „aber auf die Politik trifft es hundertprozentig zu!“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false