Kommentar: Wenigstens schöne Worte
Manche Dinge verlieren ihren Schrecken, wenn man sie nur hübsch genug umschreibt. „Arm aber sexy“ war so ein Zauberwort, das plötzlich die finanzielle Beschränkung wie einen Vorteil aussehen ließ.
Manche Dinge verlieren ihren Schrecken, wenn man sie nur hübsch genug umschreibt. „Arm aber sexy“ war so ein Zauberwort, das plötzlich die finanzielle Beschränkung wie einen Vorteil aussehen ließ. Es hatte lange gedauert, bis der Regierende Bürgermeister auf diesen genialen Einfall kam.
Nicht gerade schnell war auch die Bildungsverwaltung bei der Hand, als es ihr darum ging, das hässliche Wort „Rückläufer“ aus der Welt zu schaffen. Erst versuchte sie, den Begriff „Neustarter“ unter die Leute zu bringen, was aber misslang. Neuerdings ist von „Schulwechslern“ die Rede.
Fürwahr: „Schulwechsler“ klingt unverdächtig. Schließlich wechselt man ja auch von der Grund- auf die Oberschule. Warum also nicht auch vom Gymnasium auf die Sekundarschule, wenn man das Probejahr nicht geschafft hat, mag sich die Spitze des Hauses nach einem fulminanten Brainstorming gedacht haben.
Nur dumm, dass es einfach nicht gelingt, den Begriff von der Soll- auf die Habenseite zu holen. Schuld daran ist die Menge der betroffenen Kinder: Als Folge der Früheinschulung stecken sie in einem übervollen Jahrgang, und so ist die Manövriermasse abhandengekommen, die es normalerweise in Schulen gibt. Deshalb also müssen die Pubertisten, die meist auch sich selbst imWege stehen, zusätzlich beiseitegeräumt werden: in Extraklassen oder – wie in Tempelhof – sogar in eine Extra-Schule. Das wäre sie dann also – die „Schulwechslerschule“. sve